Foto des Monats – September 2021

Betonelemente frei stehend

Diesen Monat besprechen wir einen interessanten Fall, denn hier wurde vieles richtig gemacht, aber wie so häufig, nicht zu Ende gedacht oder zumindest nicht zu Ende gehandelt.

Die Abb. 1 zeigt das Ergebnis: Vier Betonelemente, die zusammen eine Masse von 18,1t haben, sind nach rechts weggekippt und hängen jetzt in den Niederzurrungen, die durch die geänderte Geometrie zum Teil zur Direktzurrung geworden sind. Man kann von Glück sagen, dass hier nicht mehr passiert ist. Die ungemeinen Kräfte, die hier wirken sind sehr gut an der Verwindung der Ladefläche zu erkennen.

Was wurde alles richtig gemacht? Auf der Ladefläche wurde Holz verwandt, RH-Material und insgesamt kamen neun Ladungssicherungsmittel zum Einsatz, drei davon sogar als Umspannung, leider alle mit der Wirkrichtung in Fahrtrichtung links. Mit so vielen Ladungssicherungsmitteln hätte man schon fast eine gute Sicherung herstellen können.

Die Mischung der Ladungssicherungsmitte (Gurte und Ketten) war nicht das große Problem, denn sie wurden überwiegend als Niederzurrung eingesetzt. In diesem Fall addiert sich die Vorspannung einfach, obwohl wir hier auch dazu tendieren nur ein Materialtyp von Sicherungsmittel zu verwenden.

Umspannung:

Eine Umspannung ist eine Direktsicherung, dabei stellt das Ladungssicherungsmittel seine komplette LC zur Verfügung, bei gängigen Gurten sind das 2.000 daN pro Strang. Einziger Nachteil ist, dass diese Sicherungswirkung nur in eine Richtung wirkt.

Beispiel:

Niederzurrung:

Die Wirkung der Niederzurrung liegt darin begründet, dass die Ladung nur durch die Vorspannung künstlich schwerer gemacht und dadurch die Reibung auf der Ladefläche erhöht wird. Bei schwerer Ladung und/oder bei geringer Reibung ist diese Sicherungsart häufig nicht die Sicherung der Wahl. Der größte Vorteil der Niederzurrung, die auch als Reibsicherung bezeichnet wird ist, dass sie in alle Richtungen wirkt. Also nach vorne genauso wie zu den Seiten und nach hinten.

Beispiel:

Um die hergestellte Ladungssicherung beurteilen zu können, haben wir sie nach der
DIN EN 12 195-1 und hier nach der vereinfachten Formel 17 durchgerechnet. Dafür haben wir nur die Niederzurrungen berechnet und nicht die Umspannungen. Wenn Sie Interesse an der Rechnung haben, folgen sie bitte diesem Link.

Nach dieser Berechnung konnten mit diesen Niederzurrungen 7.855,62 kg Ladungsmasse gesichert werden.

Bei der realisierten Sicherung durch Niederzurrungen wurde nur ein Bruchteil der erforderlichen Sicherungskräfte erreicht. Obwohl man theoretisch die Sicherung mit Niederzurrungen herstellen könnte, halten wir diese Sicherungsart für sehr unwirtschaftlich. Man kann mit einem viel geringerem Aufwand eine Sicherung realisieren, die der hier versuchten, um ein Vielfaches überlegen ist. Bemerkenswert an dieser Sicherung ist, dass der Fahrer gegen die Bewegungsrichtung links drei Direktzurrungen (Umspannungen) eingesetzt hat. Diese Umspannungen sind genau unsere Empfehlung für solche Ladungen.

Warum der Fahrer diese Sicherungsart gegen die Bewegungsrichtung nach rechts nicht angewandt hat, bleibt ein Rätsel. Vielleicht hat er die Runge, die vorne auf dem Fahrzeug zum Einsatz kam, überbewertet, was leider häufig passiert. So eine Runge hat eine Sicherungsleistung zwischen 3.000 daN und 4.000 daN, das aber nur kurz über der Ladefläche. Mit der Höhe nimmt diese recht gute Sicherungswirkung rapide ab. Da sich die Betonelemente oben gegen die Runge gelehnt haben, hatte die Runge keine Chance das Kippen zu verhindern, denn ihre Sicherungswirkung hat sich auf wenige hundert daN reduziert.

Merke:

Rungen, wie sie hier zum Einsatz kommen, sollten in ihrem unteren Bereich, möglichst kurz über der Ladefläche belastet werden. Zur Kippsicherung taugen sie in der Regel nicht. Positiv zu bemerken ist, dass bei dieser Verladung recht konsequent Kantenschutz eingesetzt wurde. Nur an einem Gurt fehlt dieser.

Die Ladungssicherung nach vorne ließ hingegen zu wünschen übrig. Vorausgesetzt, dass die RH-Materialien richtig untergelegt wurden (über und unter dem Holz, sodass eine reibungstechnische Trennung der Ladung von der Ladefläche zustande gekommen ist), würde der Reibbeiwert von μ = 0,6 den Löwen-Anteil sichern. Bleiben noch 0,2 x 18,1t. = 3.620 daN an erforderlicher Restsicherungskraft übrig.

Leider wurden uns die erreichbaren Vorspannungskräfte der Sicherungsmittel nicht übermittelt. Darum nehmen wir eine STF von 350 daN an und verdoppeln diese für die Niederzurrungen (sieben an der Zahl) großzügig und erhalten 4.900 daN an Vorspannung. Die Winkel sind gut, sodass wir hier keinen Abzug anbringen. So ergibt sich folgende Rechnung: 4.900 daN x 0,6 = 2.940 daN an Sicherungskraft. Es fehlen nun noch 680 daN an Sicherungskraft nach vorne. Nun könnte es sein, dass die Ketten deutlich mehr Vorspannkraft hatten als von uns angenommen. Wenn dem so war, dann hätte die Sicherung nach vorne doch ausgereicht.

Darauf wollen wir aber nicht hinaus. Vor den Betonelementen standen vier Rungen. An der Stirnwand lag ausreichend belastbares Holz. Anstatt es hinter der Stirnwand zu sichern, hätte es auch hinter den Rungen platziert werden können, um der Ladung einen „bequemen“ Formschluss nach vorne zu gönnen. In dieser Situation können die Rungen ihre Stärke ausspielen. Denn kurz über der Ladefläche haben sie ihre maximale Wirkung und die Rungen weisen zusätzlich noch eine rechteckige Geometrie auf, die die Festigkeit in Längsrichtung noch unterstützt. Wir rechnen 4 x 3.000 daN, das wären 12.000 daN fast zum Nulltarif in diesem Beladungsfall. Schade, dass diese Sicherungsmöglichkeit ungenutzt mitgefahren ist.

Die oben genannten drei Umspannungen waren gut gedacht, es fehlen aber die „Gegenspieler“, denn so wirkt die Vorspannung der Umspannungen zu allem Überfluss auch noch auf die rechte Fahrzeugseite und unterstützt damit das Kippen nach rechts, was ja auch passiert ist.

Ladungssicherung:

Wie würden wir die Ladung sichern?

Zuerst die Vorbereitung:

  • Unter und über bohlenförmigen Hölzern wird flächendeckend RH-Material aufgebracht

  • Die Betonelemente werden daraufgestellt

  • Wenn die Elemente gegenüber gegenseitiger Berührung empfindlich sind (abgeschlagene Ecken oder dergleichen), setzen wir Kantholzwürfel zwischen die Elemente (siehe Skizze 3)

  • Oben auf die Elemente legen wir zwei Holzbohlen, auf die im gleichen Abstand wie auf der Ladefläche ebenfalls Kantholzwürfel genagelt werden. Die Bohlen sollten nicht über die Ladung hinausstehen, da sie je mit einer Niederzurrung gesichert werden.

  • Sind die Betonelemente unempfindlich können sie auch direkt aneinander geladen werden.

  • Vor dem Beladen werden die nötigen Direktzurrungen auf der Ladefläche ausgelegt.

  • In Fahrtrichtung hinter den vier Rungen platzieren wir zweimal drei Vierkantbalken zur Lastverteilung auf die Rungen.


 

Jetzt kann die Beladung beginnen:

  • Die Betonteile werden nacheinander positioniert sowie schrittweise die Kantholzwürfel aufgenagelt. Das Positionieren der Betonelemente ist aus arbeitssicherheitstechnischer Sicht sicherlich eine Herausforderung.

  • Stehen alle Elemente, kommen die Bohlen mit den Kantholzwürfeln von oben und werden niedergezurrt.

  • Um in die Ladung mehr Stabilität zu bekommen würden wir noch zwei „Bauchbinden“ (Ladeeinheitenbildung) um die Elemente positionieren. Eine im oberen und eine im unteren Bereich. Damit diese nicht abrutschen wäre RH-Material sinnvoll.

  • Jetzt kommen die Umspannungen. Wir gehen von kippgefährdeter Ladung aus und müssen somit mit 0,6 zur Seite sichern. 18,1t x 0,6 = 10.860 daN, die an Sicherungskraft erforderlich sind. Die RH-Materialien können wir in dieser Berechnung nicht berücksichtigen, da sie nur gegen das Rutschen wirken, aber nicht gegen das Kippen.

 

Die Skizze 3 zeigt eine Umspannung. Damit die seitliche Sicherung perfekt ist, muss jeder Umspannung jeweils ein „Partner“ in Gegenrichtung gesetzt werden. Von diesen Sicherungen sind pro Seite jeweils vier erforderlich.

Diese Skizze zeigt das Prinzip der Umspannung in der Draufsicht.

 

Im folgenden Video möchten wir Ihnen zeigen, wie eine Umspannung hergestellt wird.

Berechnung:

Die Haltekraft von Umspannungen wird mit cos Alpha / 2 berechnet. Wir nehmen 80° an. Alpha ½ sind dann 40° und der cos davon 0,77 (aufgerundet). Ein Gurt mit einer LC von 2.000 daN als Umspannung eingesetzt liefert 4.000 daN (vorausgesetzt er wird auf unterschiedliche Ladungssicherungspunkte gesetzt). 4.000 daN x 0,77 = 3.080 daN Sicherungskraft.
10.860 : 3.080 daN ergibt 3,53. Also müssen wir pro Seite vier Umspannungen einsetzen, um die Betonelemente seitlich gut zu sichern.

  • Mit diesen Direktsicherungen wird der Kippgefahr durch das Zusammenfassen der Ladung zu einer Einheit (gegenläufige Direktsicherungen) begegnet.

  • Das A&O sind natürlich die Kantenschützer. Das gilt auch für den Fall, dass Ketten als Umspannungen eingesetzt werden sollen, wie es im Bild vorbildlich zu sehen ist.

  • Wir brauchen also acht Gurte für die Hauptsicherung, zwei für die Niederzurrungen der Bretter mit den Kantholzwürfeln (sofern diese Sicherungsart gewählt wurde) und die beiden Bauchbinden. Ergo wären diese Betonelemente mit 12 Gurten bzw. Sicherungsmitteln gut gesichert.

  • Nach vorne nutzen wir den frei Haus mitgelieferten Formschluss gegen die vier Rungen, benötigen dort aber weitere zwei Niederzurrungen um die Hölzer zu sichern.

Wenn wir die Wahl hätten, würden wir diese Elemente in einem stabilen A-Bock transportieren. Das Be- und Entladen mit o.g. Verladungsart war abenteuerlich, gefährlich und sicherlich auch aufwändig.

Ihre Ladungssicherungskolumnisten wünschen einen ladungssicheren Spätsommer.

© KLSK e.V.