Dezember 2019
Marmorplatten freihändig… aber mit Niederzurrungen
Die Abbildung 1 bietet ein relativ chaotisches Bild. Marmorplatten sind offensichtlich weit nach vorne verrutscht. Irgendwelche Träger liegen auf der Ladefläche. Dadurch dass sich die Marmorplatten zur Seite gelegt haben, hat es den Aufbau zu einem Flitzebogen verbogen. Mindestens 2 Klapprungen sind schwer beschädigt. Es bietet sich uns schlicht ein chaotisches Bild einer Ladefläche,auf der nichts mehr so zu sein scheint wie es ursprünglich mal geladen wurde.
Wir beginnen im Vordergrund des Bildes:
- Die Träger die dort grau zu sehen sind, sind eigentlich A-Böcke. Auf diese A-Böcke waren die Marmorplatten beidseitig, "freihändig" geladen. Das freihändig bedeutet, dass die A-Böcke untereinander nicht verbunden waren, sondern die Marmorplatten darauf quasi nur balanciert haben. Die Stabilität, bzw. die Verbindung der beiden A-Böcke kam ausschließlich durch die Reibung der Marmorplatten auf den A-Böcken zustande. Die genaue Sicherungsart ist nicht überliefert, wir vermuten aber, dass die gute alte Niederzurrung auch hier erfolglos zum Einsatz kam.
- In der Bildmitte sehen wir die Marmorplatten. Man kann ungefähr erahnen, wo die Mitte zwischen den Plattenstapeln ist und man kann erahnen, dass sie links und rechtsseitig auf den A-Böcken standen. An den vielen weißlichen Strichen auf der Ladefläche lässt sich weiter erahnen, dass die Platten als Block verrutscht sind. Beim Verrutschen sind sie wohl nach vorne angekippt und mit ihrer vorderen unteren Ecke, wie Schlittschuhe über die Ladefläche gerutscht. Die Ladungssicherung hat sie offensichtlich nicht an irgendwelcher Bewegung gehindert.
- Im vorderen Bereich sehen wir sogenannte Klemmbretter, die genauso, wie die Alu-Spriegelbretter, an denen sie befestigt waren, verbogen sind und aus ihren Haltepunkten gerissen wurden. Den Aufbau ist verbogen, zur rechten Seite geöffnet, und es lässt sich erahnen, dass die Stirnwand auch nicht ganz schadlos davongekommen ist, denn die vorderen Marmorplatten sind als Block dort angekommen und wurden von ihr aufgehalten. Inwieweit sich hier Bewegungsenergie in verformende Energie umgewandelt hat, ist leider nicht überliefert.
Die Abbildung 2 zeigt die Ladung, wie sie an der Stirnwand angekommen ist. Zumindest der rechte Plattenstapel ist gebrochen, was die Vermutung, dass die Ladung hier mit einiger Energie an der Stirnwand "angeklopft" hat, untermauert. Geradezu lächerlich ist die Tatsache, dass die sogenannten Klemmbretter oder auch Zwischenwandverschlüsse hier zur Ladungssicherung von Marmor eingesetzt wurden. Greifen solche Bretter formschlüssig in Aussparungen von stabilen Aufbauteilen ein, können Sie sicherlich mehrere 100 daN an Sicherungskraft liefern, aber die auf diesem Bild gezeigten "Ladungssicherungsmittel" beruhten nur auf dem Prinzip Reibung, welche durch das Umlegen von den Hebeln und der daraus resultierenden Klemmkraft herrührt. Durch die vorgenommene Bremsung wurden sie verformt, wie Lametta am Weihnachtsbaum. Interessant zu sehen ist auch wie das Einsteckbrett des Spriegels sich hier in ein elegantes Z verformt hat.
Was vielleicht bis hierhin nur Vermutung war, oder nur schlecht zu sehen, wird auf diesem Bild bittere Realität, die A-Böcke liegen aufeinander. Das legt die Vermutung nahe, dass der hintere A-Bock mit einer solchen Wucht und Geschwindigkeit mit nach vorne katapultiert wurde, dass er über dem vorderen zu liegen kam. Wir vermuten das die Platten beim Verrutschen nach vorne angekippt sind, dabei den hinteren A-Bock entlastet haben und so die Endlage der A-Böcke zustande kam. So erklären wir uns auch die langen weißen Streifen, von jeder Platte einer, auf der Ladefläche. Die Hölzer die auf der Ladefläche herumliegen wurden wahrscheinlich zum Schutz der Marmorplatten vor den stählernen A-Böcken eingesetzt.
Wäre die Schallschutzwand nicht gewesen, dann hätte das Sattelkraftfahrzeug wahrscheinlich auf der Seite gelegen.
Bewertung:
Mehr Blödsinn, bzw. weniger wirksame Ladungssicherung lässt sich kaum realisieren. Wir sind immer wieder fassungslos, dass sich Verlader die plattenförmige Ladung zur Verladung bringen, offensichtlich aus Kostengründen immer wieder dazu hinreißen lassen A-Böcke zu verwenden, die nicht miteinander verbunden sind. Die Frage, ob hier reibungserhöhende Mittel verwandt wurden, brauchen wir gar nicht zu stellen, denn die Ladung hätte sich so oder so auf die "Reise" in Richtung Stirnwand gemacht, egal wie viel RH Matten unter den freihändig balancierten A-Böcken gelegen hätten.
Ladungssicherung:
Die Ladungssicherung beginnt immer bei der Ladeeinheitenbildung. Hier lag keine Ladeeinheit vor, die man hätte irgendwie sinnvoll sichern können. A-Böcke müssen belastbar sein Dies kann dadurch erreicht werden, dass die A-Böcke untereinander mit Längsstreben verbunden werden. Durch die feste Verbindung durch Längsstreben erhalten sie Stabilität und können flächige Ladung, wie Marmorplatten sicher aufnehmen. Werden diese A Böcke auf RH-Matten gestellt, erhöht dies sinnvoll die Reibung. Zu beachten gilt es, dass die Marmorplatten ebenfalls mit ähnlich guter Reibung auf den A-Böcken gesichert werden sollten. Ist dies aus Gründen der Verfärbung nicht möglich, muss die Reibung zwischen Marmor und Holz ausreichen, die bei mehrfachem Einsatz des Holzes in derartigen Fällen von uns mit μ=0,3 angenommen wird. Bei der Sicherung der Marmorplatten auf den A-Bockgestellen gibt es mehrere Möglichkeiten. Zum einen können Bündelungen sie zu einer Ladeeinheit zusammenfassen, zum anderen können sie nach vorne formschlüssig auf einem entsprechenden A-Bockgestell geladen werden. Für die Sicherung können Umspannungen, die um die gesamte Ladung herumgenommen werden, dienen. Hierbei würden von uns 2 Umspannungen gegen die Bewegungsrichtung seitlich (pro Seite) eingesetzt und mindestens 2 Umspannungen gegen die Bewegungsrichtung nach vorne. Sollte die Reibung der Marmorplatten auf dem Holz nicht ausreichen (wie in unserem Beispiel benannt) muss auch noch eine Umspannung gegen die Bewegungsrichtung nach hinten eingesetzt werden. Bieten die A-Böcke ausreichenden Formschluss, reicht es eventuell aus, die A-Böcke selbst mit Direktzurrungen zu sichern.
Handlungsbedarf besteht auf jeden Fall, denn derartige Transporte sind lebensgefährlich. Wir wünschen eine besinnliche und ladungssichere Vorweihnachtszeit.
Ihre Ladungssicherungskolumnisten
(Wolfgang Jaspers und Uwe Schieder)