Foto des Monats – Juni 2023

Kurven-Physik….oder doch in Physik häufiger mal gefehlt?

Zum Sommeranfang servieren wir unserer Leserschaft einen besonderen Leckerbissen. 16,05t Beton in Trägerform sind an sich schon nicht ganz einfach zu sichern. Abrasive Kanten hohe Masse, empfindliche Ware, dann auch noch im hohen Maße kippgefährdet. Alles in allem schon eine kleine Herausforderung, aber natürlich zu bewältigen.

Dieses Foto des Monats hat einen besonderen Mehrwert, denn der Absender war so freundlich uns zu „Ausbildungszwecken“ ein identisch beladenes Fahrzeug hinterher zu schicken. So können wir en Detail sehen, wie die Ladung gesichert war und welche Denkfehler bei der Sicherung unterlaufen sind. Da sagen wir schon mal: „herzlichen Dank“ für diese Aufmerksamkeit.

Diesen Bildern ist erstmal nur folgendes zu entnehmen:

  • In einer Linkskurve hat sich die Ladung erwartungsgemäß nach rechts von der ausziehbaren und gekröpften Tiefladebrücke verabschiedet.

  • Herumliegende Fahrzeugteile lassen vermuten, dass aufgrund der Kröpfung sich noch „Aufbauten“ auf dem Auflieger befanden.

  • Der Betonträger wird mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit so viel Schaden davongetragen haben, dass er wohl keine Halle mehr überspannen wird.

Gut zu erkennen, dass der Träger einen leichten Bogen formt, ähnlich einer Brücke. Auch ist schon zu vermuten, dass der schwerere Part des Trägers nach oben zeigte, wahrscheinlich weil der Träger auf der Baustelle genau so gebraucht wird. Eine weitere Herausforderung für die Ladungssicherung.

Die vorgefundenen Ladungssicherungsmittel zeugen von Sicherungsmaßnahmen, die offensichtlich den Ladungsverlust nicht verhindern konnten. Rungen und Gurte liegen auf der Straße und die Ketten, die auf dem Fahrzeug zu erkennen sind, sind in „Direktzurrungen“ übergegangen. Hinten auf dem Fahrzeug ist eine Kette gebrochen und vorne „halten“ zwei Ketten noch den Träger. Welche Aufgabe die Gurte hatten, erschließt sich auf den nächsten Bildern.

Auf der Abbildung „4“ ist schön zusehen, dass eine mutmaßliche Niederzurrung unfreiwillig in eine Direktzurrung (Umspannung) übergegangen ist. Obwohl diese „Direktzurrung“ unter dynamischen Umständen zustande gekommen ist, hat sie, zumindest teilweise, den kompletten Verlust des Trägers verhindern können. Das zeigt welche Wirkung solche Sicherungen haben können. Würde man sie richtig einsetzen, dann… Aber dazu später.

Ein Blick auf die leere Ladefläche. Schön zu erkennen sind die beiden unfreiwilligen Direktzurrungen.

Und hier das versprochene zweite Fahrzeug:

Diese Abb. zeigt die Antwort auf die Frage: Wie war die Ladung eigentlich gesichert? Durch einen glücklichen Umstand folgte dem verunfallten Fahrzeug ein identisch beladenes, sodass wir ein „Bilderbuchfall“ für die Aufklärung vor uns haben.

Die Sicherung:

  • Die Ladungssicherung bestand aus drei Niederzurrungen, bei 16,05t Masse. Da stellt sich doch die Frage, ob man befürchtete, dass die Ladung nach oben wegfliegen könnte.

  • Zur Sicherung nach vorne wurde uns überliefert, dass die Ladung ggf. formschlüssig gegen den dicken Holzklotz geladen war… (dieser ist auf der Abb. 4 zu erahnen), auf der Abb. 8 und 9 sieht man wie der Träger auf dem zweiten Fahrzeug geladen war. Ein bisschen Formschluss gegen ggf. Auffahrrampen und mit RH-Material über und unter dem, zur Druckverteilung verwendeten Holz, was sehr positiv zu bewerten ist.

  • Die seitliche Sicherung wird auf dem Ladebock durch Rungen „sichergestellt“.

  • Die verbleibenden Leerräume wurden mit Holz ausgefüllt. Wie dieses dort gesichert wurden ist nicht zu erkennen, ggf. ist das unterblieben.

  • Die Unterlage, die auf dem hinteren Fahrzeug genutzt wurde, besteht aus zwei Teilen. Einmal aus einer Vierkantrohr-Konstruktion und aus einem Aufsatz mit den Rungen, der zumindest zum Teil formschlüssig mit dem unteren Teil verbunden war. Wie genau erschließt sich uns aus der Abb. 10 und 11 nicht.

Warum der Träger außermittig geladen wurde, ist nicht überliefert. Es sieht zumindest so aus, als ob sich der Träger schon ein wenig nach rechts neigt.

Hier die „Sicherung“ nach vorne. Sollte es sich um Auffahrrampen handeln, sind diese nicht zu Aufnahme von seitlichen, punktuellen Lasten geeignet. Wenn hier mit Formschluss gearbeitet werden soll, dann muss dieser auch in der Lage sein die Kräfte in das Fahrzeug einzuleiten.

Soweit auf der Abb. 9 zu erkennen wurde unter und über dem Holz RH-Material eingesetzt. Soweit es sich um Schwerlastmatten handelt, ist das sehr positiv zu bewerten.

Die Abb. 10 zeigt eine grundsätzlich sehr gute Konstruktion, denn sie bietet offensichtlich mehrere Steckplätze für Rungen, um unterschiedlich breite Ladung transportieren und sichern zu können. Vorsicht ist grundsätzlich bei Rungen geboten, denn deren Sicherungskapazität wird sehr häufig vollkommen überschätzt. Im unteren Bereich können ggf. 3.000 bis 4.000 daN gesichert werden, aber schon auf einem Meter Höhe schmilzt dieses Sicherungsvermögen drastisch zusammen. Hersteller haben s.g. Rungen-Diagramme, die genauestens Auskunft darüber geben, an welcher Stelle (über der Ladefläche) die Rungen wie stark belastbar sind.

Auf der Abb. 11 sehen wir wieder Niederzurrungen. Diese sind dazu geeignet, die Gestelle vertikal zusammen zu halten, die Ladung können sie aber nicht sichern, denn hier fehlt es an Reibung. Die kleinen Stückchen von RH-Matten haben höchstens Alibi-Funktion und auch die ist lausig. Somit gilt die Reibung Stahl auf Stahl (µ = 0,1 oder 0,2) da fehlen nach vorne 60% oder 70‘% und zur Seite 30% oder 40% der erforderlichen Sicherungskraft.

Die Ladungssicherung:

Vorweg sei gesagt, dass wir uns nicht zu sehr an den Normen entlanghangeln, sondern immer versuchen möglichst praxistaugliche Sicherungen zu erdenken. Laut Normen kann man durch ausreichende Niederzurrungen auch eine Kippsicherung erreichen, bei dieser Ladung drängt sich eine andere Sicherung auf.

Reibung:

  • Natürlich legen wir auch bei dieser Sicherung Wert auf eine ausreichende Reibung, obwohl sie dieses Mal eine untergeordnete Rolle spielt.

  • Wir unterlegen das Vierkantrohrgestell mit RH-Material, und das so, dass es komplett reibungstechnisch von der Ladefläche getrennt ist und

  • wir unterlegen die Kontaktflächen auf dem oberen Ladegestell mit RH-Material.

  • Das Ende, das auf der Kröpfung aufliegt, wird wie auf der Abb. 9 zu sehen mit RH-Material versehen.

Kippgefahr:

  • Diese Ladung ist in besonderer Weise kippgefährdet, dem muss Rechnung getragen werden.

  • Aufgrund der Geometrie des Trägers haben wir uns dazu entschlossen ihn zweimal mit vier Umspannungen zu sichern.

  • Hierzu machen wir uns die kreisrunden Aussparungen im Träger zu nutze. Eine Umspannung zu jeder Seite unten um den Träger herum und durch die Aussparung und

  • eine Umspannung je Seite durch die Aussparung und oben um den Träger herum.

  • Sollten nicht ausreichend Ladungssicherungspunkte an der erforderlichen Stelle sein, können die paarweisen Umspannungen auch auf zwei Aussparungen verteilt werden.

  • Diese doppelten Umspannungen halten den Träger in seiner aufrechten Position und das durch Direktzurrungen.

  • Ob mit Ketten oder Gurten gearbeitet wird, muss vor Ort entschieden werden. Von den Bildern her können wir nicht entscheiden, ob ein Gurt in der Aussparung geschnürt wird oder nicht.

  • Wichtig ist so oder so der Schutz der Ladung vor den Ketten oder der Schutz der Gurte vor dem abrasiven Beton, am besten durch Schutzschläuche.

  • Wird derartige Ladung häufiger transportiert und es soll mit Ketten gesichert werden, könnten Rohrabschnitte mit einem Kragen (Flansch) der abgerundet ist gute Dienste leisten. Diese würden von beiden Seiten in die Aussparung gesteckt und auf den Kontaktflächen mit RH-Material beklebt. Ggf. lässt sich so etwas auch aus Kunststoff herstellen.

  • An den oberen und unteren Kanten müssten wieder Kantenschützer ggf. wie im Bild zu sehen verwand und ggf. mit Gurten gesichert werden.

  • Gurte mit Schutzschläuchen wären ggf. besser zu handhaben. Sollten sie durch die Aussparung geschnürt werden, könnten Hebeschlingen helfen. Das gilt im Übrigen auch für Ketten.

Die Ladungssicherung nach vorne.

  • Da sich die Ladung, auch im Belastungsfall, nur minimal bewegen soll, greifen wir zur Kombination aus Reibsicherung und Direktsicherung.

  • Verlassen wir uns auf die Reibung, fehlen nur noch 3.200daN an Sicherungskraft nach vorne.

  • Wir entscheiden uns für eine Kette mit einer LC von mindestens 5.000daN. Kette deswegen, um die Dehnung des Ladungssicherungsmittels möglichst klein zu halten, damit sich die Ladung im Belastungsfall nur minimal bewegen muss, um ausreichend Sicherungskräfte in der Direktzurrung aufzubauen.

  • Voraussetzung ist natürlich, dass das Fahrzeug über Ladungssicherungspunkte mit einer LC von 5.000 daN (oder mehr) verfügt.

  • Diese Kette führen wir um den Fußpunkt des Trägers herum, natürlich mit ausreichendem Kantenschutz. Damit diese Kette nicht abrutscht legen wir sie auf einen Vierkantbalken, den wir vor dem Träger platzieren und mit einem Gurt und oder einer Nagelverbindung fixieren.

  • Die Kettenlänge haben wir mit 8m oder sogar mit 10m ausreichend lang gewählt, damit günstige Winkel entstehen können.

  • Die Kette wird vorgespannt und sichert nun 10.000 daN (minus der leichten Schwächung durch die Winkel).

  • Damit haben wir die Ladung nach vorne übersichert mit nur einer richtig gesetzten Kette.

Die Seitenansicht zeigt aus Gründen der Übersichtlichkeit nur die Hälfte der notwendigen Umspannungen. Vorne die Umspannungen, die die Ladung auf der linken Fahrzeugseite halten und hinten die Umspannungen die die Ladung zur rechten Fahrzeugseite hin halten. Tatsächlich müssen alle vier Umspannungen, wie auf der Skizze 1 zu sehen, vorne und hinten angebracht werden.

Bestehende Sicherung aus Niederzurrung und Rungen.

  • Die Bestehende Sicherung kann beibehalten werden.

  • Die Ketten dienen als Mindestsicherung und sind während des Ladeprozesses relativ schnell angebracht (Arbeitsschutz!!!)

  • Der Formschluss im Fußbereich des Trägers durch die Rungen ist sinnvoll.

  • Die Sicherung nach hinten ist durch die Reibung und die Mindestsicherung gewährleistet.

Ihre Ladungssicherungskolumnisten wünschen Ihnen einen entspannten und ladungssicheren Sommer.

© KLSK e.V.