Januar 2018
Das sieht verdammt gut aus
Als dieses Fahrzeug von Beamten der Polizei kontrolliert wurde, dachten diese im ersten Moment: Das sieht verdammt gut aus. Aber dieser Eindruck hielt höchstens wenige Sekunden an. Ad hoc fiel der Blick auf die Vorspannung der Gurte, die schlicht nicht da war. Es kam noch besser: Manche Gurte waren einfach nur über die Papierrollen gelegt, vorbildlich war Kantenschutz angebracht worden, aber eine Ratsche zum Spannen der Gurte ... Fehlanzeige!
Es sieht aus, als ob der Fahrer oder der Verlader, dessen Job die Ladungssicherung u. a. ist, mitten in der Sicherungsarbeit "gestört" wurden, die Plane dann sofort geschlossen und die Ladestelle fluchtartig verlassen wurde. Vielleicht beschlich den Fahrer und den verantwortlichen Verlader urplötzlich eine selektive und temporäre Ladungssicherungsdemenz.
Aber im Ernst, was sollen wir von einer derartiger Verladung halten? Das riecht nach wirtschaftlichem Druck, wie
- man brauchte die Rampe,
- die Ladung war vielleicht schon zeitkritisch oder noch schlimmer
- man wollte vielleicht einfach nur Feierabend machen.
Es kann und darf nicht sein, dass ein Sattelkraftfahrzeug mit einem Auflieger voll mit Papier - immerhin 23,9 t - gänzlich ungesichert in den Straßenverkehr entlassen wird oder sollten wir besser sagen, auf die Straße gejagt wird. Wer als Verlader Derartiges zulässt, steht im Schadenfall mit vor Gericht - zu Recht! Und die Beamten vor Ort waren auf Zack und haben den verantwortlichen Verlader gleich auch mit zur Rechenschaft gezogen. Am Ende des Tages gab es ein Bußgeld für den Fahrer, mit Sicherheit 1 Punkt in Flensburg und der Verantwortliche an der Verladestelle ging auch um 1 Punkt reicher auf seinem Flensburger Konto nach Hause.
Kehren wir zurück zur Abb. 1. Vorbildlich liegen für jede Rolle auf jeder Seite zwei RH-Matten bereit. Diese sollten ursprünglich vor der Verladung unter den Rollen platziert werden, und zwar so, dass sie die Rollen tatsächlich reibungstechnisch von der Ladefläche trennen. Wir konnten auf keinem der uns zur Verfügung gestellten Bilder feststellen, dass auch nur eine RH-Matte tatsächlich zum Einsatz gekommen wäre.
Um nicht vollkommen ungerecht daher zu kommen, wollen wir gerne anmerken,dass wir auch zwei Gurte gefunden haben, die offensichtlich schon gespannt waren. Ein Indiz mehr dafür, dass hier mitten in der Ladungssicherungsarbeit irgendetwas dazwischengekommen ist, was den Fahrer und Verlader zu einer derart unverantwortlichen Handlung verleitet hat.
Auch wenn diese Abbildung eine fototechnische Katastrophe darstellt, so zeigt sie doch, dass hier die Gurte schon fein säuberlich über die Papierrolle gelegt, der Kantenschutz wirkungsvoll platziert und das aufgerollte Ende des Gurtes noch auf seine Ratsche wartet. Offensichtlich hat der Gurt umsonst gewartet, denn die Ratsche ist vor Abfahrt nicht mehr angekommen.
Die Abb. 4 zeigt die Ladung von hinten. Warum die letzten beiden Rollen versetzt geladen wurden, erschließt sich uns überhaupt nicht. Ist es doch erwiesen, das Rollen, die im Soldatenstau, d. h. in einer Linie geladen, sich sehr wohl, wenn sie vernünftig gesichert sind, auch noch an der Stirnwand wirkungsvoll abstützen können. Auf der rechten Fahrzeugseite hängen ein paar traurige Ratschen, denn offensichtlich wurden sie nicht eingesetzt und darüber sind nicht nur die Ratschen traurig. Die Klemmbretter, die sehr dekorativ einmal waagerecht und einmal etwas schräg die Spriegelbretter zusammenhalten, waren wahrscheinlich nur im Weg und wurden auf diese Art einer gewissen Ordnung zugeführt. Ladungssicherungstechnisch bringen sie dort - frei im Raume hängend - nichts. Auch wenn man diese Klemmbretter direkt an die Papierrollen herangeschoben hätte, wäre ihre Sicherungswirkung eher marginal gewesen. Aus unserer Sicht kaum berechenbar. Die Gründe hierfür:
- Es kann nicht nachvollzogen werden, wieviel die Klemmung tatsächlich noch nach einiger gewissen Gebrauchszeit an Vorspannung und Reibung aufbringt,
- die Klemmbretter stützen sich an den Spiegelbrettern ab, die sich häufig schon im fortgeschrittenen Gebrauchtszustand befinden und dann gilt es herauszufinden, wieviel Kraft sie tatsächlich noch in die Rungen einleiten können.
Auch hier gilt, dass wir nur unser Unverständnis zum Ausdruck bringen können für einen Verlader, der ein Fahrzeug so vom Hofe fahren lässt. Wir hoffen natürlich nicht, dass dies aktiv durch zeitliches Bedrängen des Fahrers während seiner Sicherungsarbeit erfolgt ist. Dem Fahrer sei an dieser Stelle folgender Rat gegeben: Wenn es tatsächlich so gewesen ist, dass er von der Ladestelle quasi auf die Straße komplimentiert wurde, so hat er doch umgehend eine vernünftige Sicherung nachzuholen. Dass so etwas tatsächlich irgendwo möglich ist, erfüllt uns Ladungssicherungskolumnisten am Anfang eines Jahres mit Trauer und wir hoffen, dass diese Art Gewissenlosigkeit bald aussterben möge.
Die Ladungssicherungskolumnisten wünschen allzeit eine sichere Fahrt und ein gesundes und frohes neues Jahr!