Juli 2019

Ladung im Untergrund

Wir beginnen dieses Bild des Monats mit dem Ergebnis eines Unfalls, wie so häufig.

Hier sehen wir ein Spaltband, welches nach unbeabsichtigtem Verlassen eines Lkw versuchte, durch den Rasen unter die Fahrbahn zu kommen.

Betrachten wir uns das Ergebnis dieses Ladungsverlustes aus der Distanz, dann können wir uns schon bei der Abbildung 1 sehr wohl vorstellen, was im Einzelnen passiert ist: Die Spaltbänder lagen auf einem Lkw. Dieser fuhr in eine langgezogene Rechtskurve, um auf die Autobahn zu gelangen. Das Ganze mit möglichst hoher Geschwindigkeit, denn er wollte sich ja gleich in den fließenden Verkehr der Autobahn einfädeln.

Die Ladung lag übereinander und keiner hatte ihr Bescheid gesagt, dass es jetzt rechts herum geht. Daher haben sich die Spaltbänder nicht ordentlich festgehalten und sind links vom Fahrzeug gerutscht. Da die Geschwindigkeit ganz ordentlich war flogen sie ein Stück weit und gruben sich in die Grasnarbe ein.

Auf der Abbildung 3 sehen wir, dass auf der Hauptfahrbahn der Autobahn ein Polizist damit beschäftigt ist, Erde mit einer Schaufel wieder zurück in Richtung Grünstreifen zu schaufeln. Es muss also ein Spaltband den Weg über die Parallelspur, danach entweder unter, oder über die Leitplanke hinweg, auf die Fahrbahn der BAB gefunden haben. Und richtig, vor dem Polizeiauto liegen auf der Fahrbahn Blechstreifen.

Auf der Abbildung 4 sehen wir, wie es dazu kommen konnte. Ein Aufsetzer! Der Albtraum eines jeden Torwarts, denn diese Bälle setzen kurz vor der Linie auf, springen dann wieder hoch und ändern gegebenenfalls auch noch ein wenig ihre Richtung. Dieses Spaltband hat beim Aufsetzen einen Halbmond in die Erde gegraben und dabei ziemlich viel Erde auf die Parallelfahrbahn katapultiert, wie auf der Abbildung 5 zu sehen. Nach dem Aufsetzen hat sich das Spaltband wahrscheinlich überschlagen, hat halb rollend und halb taumelnd die Parallelspur überwunden, hat danach immer noch so viel Bewegungsenergie in sich gehabt, dass es noch zur Überwindung der Leitplanke gereicht hat. Die eigentliche Fahrbahn der Autobahn wurde nur noch mit letzter "Kraft" erreicht.

Auf der Abbildung 5 ist sehr schön im Überblick zu sehen, mit welcher physischen Gewalt die Ladung hier zu Boden gegangen ist, im wahrsten Sinne des Wortes. Es gibt aber sehr wohl einen Eindruck, welche Katastrophe aus diesem Ladungssicherungsmangel hätte erwachsen können. Wir wollen uns an dieser Stelle aber nicht in apokalyptischen Phantasien ergeben, sondern uns damit zufrieden geben, diesen Fall zu analysieren.

Auf der Abbildung 6 sehen wir die Erde auf der Parallelspur und die Blechstreifen, wie sie recht "dekorativ" zwischen Neben- und Hauptfahrbahn der Autobahn drapiert wurden. Der Besen lehnt recht lustlos an der Kilometrierung und die Polizeibeamten beraten, was wohl jetzt im Einzelnen zu tun ist.

Wir kommen zum Fahrzeug und sehen uns die Ladebordwand (Abb. 7) an. Diese wurde von den "aussteigenden Kollegen" ein wenig ramponiert und verbeult, wollte aber die Spaltbänder an ihrem kleinen Ausflug nicht dauerhaft hindern. Es waren die seitlichen Beschleunigungen die häufig, und zwar zu häufig unterschätzt werden, die diese Ladung zu lebensgefährlichen Geschossen gemacht hat.

Auf der Abbildung 8 sehen wir vier gestapelte Spaltbänder, mit einem Einzelgewicht von 1156 kg. Hier liegen also ca. 4,6 t Stahl übereinander, gesichert durch eine Niederzurrung.

Die Abbildung 9 gibt hervorragenden Aufschluss darüber, wie die Ladung an sich gesichert war. Aus Gründen der Lastverteilung wurden unterschiedlich hohe Stapel mit Spaltbändern gebildet. Warum im Bereich der Achsaggregate (Abb. 11) leichtere Ladungseinheiten lagen und nicht die schwersten, erschließt sich uns nicht. Dies soll aber heute nicht unser Thema sein.

Unser Thema ist wie so häufig zu allererst die Verpackung, bzw. die Ladeeinheitenbildung, um genau zu sein. Diese Ladeeinheitenbildung war lausig genug, denn diese 4,6 t Spaltbänder liegen nicht auf stabilen Schlitten, sondern nur auf jeweils 2 Vierkantbalken, die mit Stahlbändern zu einer "Ladeeinheit" zusammengebunden wurden. Überhaupt werden diese 4 Spaltbänder nur durch 2 Stahlbänder zu einer Pseudoladeeinheit zusammengefasst. Wir reiten so gerne auf der Verpackung herum, da in ihr häufig die Wurzel allen Übels zu suchen ist, so auch hier. Wird eine Ladeeinheit gebildet so suggeriert sie, dass sie auch als solches behandelt werden kann. Das bedeutet, dass die gesamte Ladeeinheit durch unterlegen von RH Material und die erforderliche Mindestsicherung, zumindest seitlich gesichert werden kann. Folgerichtig wurden diese Spaltbänder niedergezurrt, die Kanten wurden brav vor den scharfen Kanten des Stahls geschützt, so hätte zur Seite eigentlich alles gut sein können.

Schon auf der Abbildung 9 kann man andeutungsweise sehen, und das ist besonders interessant, dass die Ladeeinheiten in einem Halbbogen verrutscht sind. Das kann interpretieren, wer möchte. Fakt ist, dass die lausig zu einer Ladeeinheit zusammengefassten Spaltbänder in sich verrutscht sind. Dabei konnten die Kantenschoner herausfallen, und dann wurden die Gurte schlicht durchschnitten.

Die Abbildung 10 zeigt, was wir mit - lausig zu einer Ladeeinheit zusammengefasst - meinen. Soweit auf diesem Bild zu erkennen, werden die Spaltbänder, vorne und hinten jeweils nur durch ein einziges Stahlband zusammengehalten. In dieses Stahlband ist der Vierkantbalken mit eingebunden, was die Bindung um die Spaltbänder deutlich schwächt. Wir gehen davon aus, dass zwischen Spaltband und Holz kein RH-Material gelegt wurde, so können die Spaltbänder auf dem Vierkantholz rutschen. Die Spaltbänder sind mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch auf dem Holz gerutscht, dies verrät die Position der Stahlbänder, die zur in Fahrtrichtung rechten Fahrzeugseite hin verrutscht sind (siehe Abb.9).

Dadurch, dass die Ladeeinheit lausig gebunden war, kam Bewegung in die Ladeeinheit und zwar nicht nur zwischen Spaltbändern und Holz, sondern auch zwischen Stahl und Stahl. Diese Dynamik hat ausgereicht, um die gesamte Ladung ins Rutschen zu bringen. Die Folgen waren einige:

  • Durch das Rutschen konnten die Kantenschützer verrutschen und teilweise herausfallen, wie auf der Abb. 9 zu sehen.
  • Die Ladeeinheiten standen ursprünglich sicher auf den beiden Streifen des RH-Materials, nach dem Verrutschen steht nur die Hälfte der Ladeeinheit (auf Abb. 10) auf RH-Material.
  • Damit geht natürlich die gute Reibung teilweise verloren und der dynamische Prozess des Verrutschens kommt richtig in Fahrt.
  • Die Abb. 9 lässt erahnen, dass das RH-Material ein Stück weit mitgerutscht ist, aber eben nicht ganz, was natürlich auch nicht seine Aufgabe ist.
  • Was auf Abb. 9 auch gut zu sehen ist, ist die Wirkung der Niederzurrung. Der recht lose Verbund von gestapelten Spaltbändern ist anfänglich stufenweise verrutscht, jedes Spaltband, betrachtet von unten nach oben, ist ein Stückchen weiter gerutscht, bis zu dem Punkt, wo die Niederzurrung fast senkrecht steht und dadurch wieder Teile der Wirkung einer Direktzurrung bekommt. Dadurch konnten die oberen beiden Spaltbänder nicht ganz so weit rutschen, wie sie eigentlich wollten. Bei den verlorenen Spaltbändern ist wahrscheinlich auch der Kantenschutz auf der linken Fahrzeugseite verrutscht, oder die Spaltbänder haben sich an dem Gurt vorbeigedrängelt, was sicher recht gut ging, da sie ja zylindrisch sind.
  • Setzen wir voraus, dass in dieser Kurve nur seitliche Beschleunigungen gewirkt haben, das Fahrzeug also nicht gebremst wurde, hätte das RH-Material, in Verbindung mit der Niederzurrung (als Mindestsicherung), eigentlich die Ladeeinheiten an Ort und Stelle halten müssen.

Auf der Abbildung 11 ist sehr schön zu sehen, dass die Ladung in einem Art Halbmond verrutscht ist. Das kann daran liegen, dass im hinteren Bereich 2 dann 3 und dann 4 Spaltbänder pro Ladeeinheit geladen waren. Mit jedem Spaltband mehr, kam mehr Masse in Bewegung, dem die Gurte dann proportional weniger entgegen zu setzen hatten.

Die Abbildung 12 haben wir nur hinzugefügt um mal wieder vor Augen zu führen wie messerscharf Stahlkanten sind und zu welchen Schnitten sie führen können.

Ladungssicherung:

Auch wenn wir erwähnt haben, dass die Reibung die seitliche Ladungssicherung hätte eigentlich übernehmen können müssen, kann und soll das nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Ladungssicherung an sich eine Katastrophe war. 4,6 t Spaltbänder mit einem Gurt niederzuzurren ist abenteuerlich. Soll eine Gewichtskraft von 4.600 daN durch Niederzurrungen gesichert werden, müssen bei korrekt untergelegten RH Materialien noch 920 daN an Sicherungskraft erzeugt werden. Da "nur" 60 % der Vorspannung über die Reibung wirken (μ =0,6), sind 1.534 daN an Vorspannung notwendig. Hierbei wurde der Winkel von ca. 45° (ursprünglich) außeracht gelassen. Mit einem Gurt wurden mit viel Glück 800 daN erreicht, so fehlen noch 734 daN.

D.h. also im Klartext, dass diese Ladeeinheiten, sofern es überhaupt richtige Ladeeinheiten gewesen wären, mit genau 2 Niederzurrungen pro Ladeeinheit hätten gesichert werden können. Da aber die Ladungssicherung mal wieder die Aufgaben der miserablen Verpackung mit übernehmen muss, sind Niederzurrungen nicht gut geeignet, um eine derartige Ladung zu sichern. Hier sind unsere allseits beliebten Umspannungen gefragt. Sie müssen zu beiden Seiten durch die Spaltbänder genommen und jeweils schräg nach hinten geführt werden. Da wir selbstverständlich ausreichend RH-Material unterlegen, können die Gurte auch bei Gewichten von über 4t auf einen LS-Punkt geführt werden. In unserer Skizze haben wir die Gurte auf unterschiedliche LS-Punkte gesetzt, einfach aus Darstellungsgründen.

Obwohl die Direktzurrungen auch einen gewissen Anteil an Niederzurrungswirkung haben, empfehlen wir eine separate Niederzurrung um auf der ganz sicheren Seite zu sein, denn immerhin handelt es sich hier um Stahl und nicht um Erdnussflips.

Verpackung bzw. Ladeeinheitenbildung:

Deutlich glücklicher wären wir, wenn die Spaltbänder durch 4 Stahlbänder zu einer Ladeeinheit zusammengefasst worden wären. Dazu wären 4 Vierkantbalkenstücke als Unterlage erforderlich gewesen. Diese Vierkantbalkenstücke hätten nur die Wandstärke (Innenradius bis Außenradius) haben müssen. Auf der Unterseite der Vierkantbalken ist eine Nut, in die die Stahlbänder eingelegt werden, gefräst um sie vor Zerstörung beim Handling zu schützen. Unter diese Vierkantbalken sollte möglichst vollflächig RH-Material gelegt werden (siehe Skizzen 2 und 3).

Eine derartige Ladeeinheit könnte jetzt tatsächlich durch Niederzurrungen gesichert werden, denn die Art und Weise der Verpackung schließt jegliche Dynamik in der Ladeeinheit aus. Da aber so oder so 2 Gurte Anwendung finden müssen, plädieren wir, wie so häufig, für Umspannungen, wie oben beschrieben. Von besonderer Bedeutung ist selbstverständlich auch hier der Schutz der Gurte vor den scharfen Kanten des Stahls. Das kann mit Kantenwinkeln passieren, Schutzschläuchen oder dergleichen mehr.

Ihre Ladungssicherungskolumnisten wünschen allzeit eine Ladungssichere Fahrt.

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