April 2016

Soldatenstau?

Auch wenn sich die Überschrift für dieses Bild des Monats ein wenig militärisch anhört, zielt sie ausschließlich auf das Verlademuster dieser Coils ab, die in Reih und Glied geladen wurden. Es handelt sich um eine Komplettladung, die 24,57 t Masse mit sich bringt. Die Coils sind paarweise auf das Fahrzeug geladen und, wie von der Seite unschwer zu erkennen, aufgrund des Lastverteilungsplanes deutlich von der Stirnwand abgerückt.
Der gemeinsame Schwerpunkt wird nach 4 ½ Rollenpaaren zu verorten sein. Das liegt ca. 80 cm vor dem ersten der hinteren Achsaggregate, was unser kritisches Auge voll und ganz zufriedenstellt. Offensichtlich hat man sich hier bei der Beladung aus Gründen der Lastverteilung einige Gedanken gemacht, die offensichtlich auch noch zum richtigen Ergebnis geführt haben. Das benoten wir mit einer Eins.

Kommt man dem Fahrzeug näher und schaut sich die Beladung genauer an, sieht man eine geradlinige Verladeweise, die das Auge zumindest im ersten Moment erfreut. Ladungssicherungsmittel sind offensichtlich angewandt worden. So könnte dieses Verladebeispiel durchaus ein Positives sein.

Diese Abbildung zerstört allerdings unsere Träume von der guten Ladungssicherung. Die Ladung besteht aus Coils mit einer Einzelmasse von 1.365 kg. Sie stehen zwar paarweise nebeneinander und berühren sich auch, weisen aber in Längsrichtung große Ladelücken auf.
So handelt es sich auch nicht um einen Soldatenstau, denn damit würde man eine Stauung bezeichnen, bei der sich die Coils nicht nur in Querrichtung sondern auch in Längsrichtung berühren. Die Anbringung der Ladungssicherungsmittel wurde erst durch die kontrollierenden Beamten veranlasst.
Man hatte sich wohl ursprünglich allein auf die gute Reibung der RH-Matten, die vorwitzig unter der Ladung mal hier mal dort hervorschauen, verlassen.

Diese Abbildung zeigt uns, wie die Drahtrollen ein wenig x-beinig auf hochkant gestellten rechteckigen Hölzern stehen. Diese Hölzer sind zwar mit jeweils einem Stahlband "fest" mit dem Coil verbunden, wie vertrauenserweckend diese Verbindung ist, wagen wir nicht zu beurteilen. Die RH-Matten liegen diagonal unter der Ladung und verhelfen dieser eher durch das Zufallsprinzip mal zu einer höheren Reibung und mal nicht.
Da Ladungssicherung aber nichts mit dem Zufall zu tun haben darf, sondern mit Sicherheit, ist solch eine Reibungserhöhung wie keine Reibungserhöhung zu werten und verdient die Note ungenügend.

Die Abbildung 5 zeigt sehr eindrucksvoll, dass die Unterleghölzer, die die Funktion eines Skids übernehmen, eher zufällig auf den reibungserhöhenden Matten stehen und sehr häufig vollen Kontakt zur Ladefläche haben. Bei einer derartigen Anwendung der RH-Matten muss von der weitaus niedrigeren Reibpaarung Siebdruckplatte, sägeraues Holz und wie im Vordergrund der Abbildung 5 zu sehen, teilweise sogar lackiertes Blech, ausgegangen werden. All dies kann man sich bei richtiger Anwendung des RH-Materials ersparen.

Auf der Abbildung 6 sieht man nicht nur ein Unterlegholz, welches noch mit erheblichen Baumkanten die X-Beinigkeit der Ladeeinheit unterstützt, sondern auch 3 sogenannte Zwischenwandverschlüsse. Wahrscheinlich waren diese Zwischenwandverschlüsse als Ladungssicherungsmaßnahmen zwischen den Aluminium-Einsteckbrettern (Spriegel-Latten) gesetzt. Der Name Zwischenwandverschluss assoziiert ein eher festes Bauteil, was hinter diesen auf Reibung basierenden Brettern mit Sicherheit nichts zu suchen hat, aber zu finden ist. Sie werden auch Klemmbretter genannt, was unserer Meinung nach ihre Funktion und vor allen Dingen ihre Wirkung deutlich besser beschreibt. Es ist schwer zu sagen, welche ladungssichernde Wirkung sie tatsächlich haben. Wir veranschlagen sie zwischen 50 - 150 Dekanewton. Nach Herstellerangaben sind sie sehr gut zu gebrauchen, wenn hochgestapelte leichte Ladung am Umfallen gehindert werden soll, aber tonnenschwere Drahtcoils am Verrutschen nach vorne zu hindern, dafür sind sie nicht gedacht und diesen Job können sie auch nicht übernehmen.

Auf der Abbildung 6 ist aber auch noch mehr zu sehen, nämlich der Grund, warum die Coils genauso, nämlich auf Lücke, und nicht anders geladen wurden. Man hat sich sehr wohl etwas dabei gedacht, denn sie wurden genau mittig hinter die entsprechenden Ladungssicherungspunkte gestellt.
Somit war sichergestellt, dass die Gurte, die leider nicht zum Einsatz kamen, auch mittig über die Ladung geführt werden konnten. Nach der Kontrolle sah man auch sehr schön, wie gut und präzise das Positionieren geglückt war.

Auf dieser Abbildung sind die Dreiecksringen - 4 an der Zahl pro Coil - jeweils mit einem Stahlband am Coil befestigt, gut zu sehen. Auf dem Coil befindet sich eine Zeichnung und der Warn-Text, dass diese Ringe zwar zum Anschlagen gedacht, aber nicht im Schnürgang zu verwenden sind, sondern nur mit Ketten, die mit einem Spredder (Spreizer) versehen sind (Siehe Skizze 1).
Entsteht zwischen den Anschlagsketten ein relativ flacher Winkel, werden die Kräfte, die auf die Ringe wirken, extrem hoch. Davor will man die Menschen, die mit dieser Ladung umgehen, schützen.

Für den Fall, dass die Anschlagmittel mit einem Spreizwinkel angeschlagen werden, können, in Abhängigkeit des Spreizwinkels, erhebliche zusätzliche Kräfte auf die Ringe wirken. Da die Ringe nur mit 800 daN angegeben sind, möchte man diese zusätzlichen Belastungen auf jeden Fall vermeiden.
Durch den Einsatz eines Spredders werden die nach innen (zum Coilauge hin) gerichteten Kräfte aufgenommen.

Obwohl dieses Fahrzeug Stahl transportiert, hatte es gute (nicht ablegereife) Ladungssicherungsmittel an Bord. Es handelte sich durchweg um Langhebelratschen und das Gurtmaterial hatte zwar Gebrauchsspuren, war aber sonst in einem einsatzfähigen Zustand. Dies gilt jedoch nicht für die Abbildung 8. Dieses Zurrmittel ist ablegereif!

Bewertung:

Die Ladung macht von der Verpackung her einen sehr guten Eindruck. Die Stahlbänder scheinen sehr stabil zu sein und die Tatsache, dass man eine Möglichkeit geschaffen hat, die Coils sicher zu kranen und sie mit dem Stapler zu bewegen, weist darauf hin, dass bei der Herstellung dieser Verpackung nachgedacht wurde. Warum man die Unterleghölzer hochkant gestellt hat entzieht sich unserer Kenntnis. Mutmaßen lässt sich nur, dass man einen möglichst großen Abstand zwischen Ladung und Ladefläche herstellen wollte, damit die Gefahr durch den Gabelstapler möglichst gering gehalten wird. Wir würden richtige Skids, die zumindest über 2 Querhölzer verfügen, für eine bessere Verpackung (Ladeeinheitenbildung) halten, müssen aber zugeben, dass wir keine Erfahrung mit derlei eingebundenen Hölzern haben.

Zur Verladeweise:

Die Tatsache, dass die RH-Materialien derart dilettantisch untergelegt wurden, haben wir schon kritisiert und bewerten sie mit einer klaren 6. Die Positionierung der Coils war intelligent und präzise, genau vor den Ladungssicherungspunkten.
Das bewerten wir mit einer guten 2. Offenbar hat man den Aussparungen im äußeren Längsträger, die ebenfalls als Ladungssicherungspunkte genutzt werden könnten, misstraut. Vielleicht lässt sich die Plane für den Fall, dass diese Ladungssicherungspunkte genommen werden, schlechter schließen, vielleicht geht die Plane früher kaputt, weil sich die Haken durchdrücken, vielleicht ist aber auch die Anwendung der extra angebrachten Ladungssicherungspunkte auf der Ladefläche viel bequemer und günstiger. Stellt sich die Frage, warum die Gurte dann doch nicht zum Einsatz kamen.

Ladungssicherung:

Jedes Coilpaar mit einer Masse von 2.739 kg wurde nach der Kontrolle mit einem Gurt, der mit einer Langhebelratsche ausgestattet war, gesichert.
Wenn wir von einer Vorspannung auf der Zugseite von 750 daN und einem K-Wert von 1,8 ausgehen, erhalten wir bei einer Reibung von μ = 0,6 (richtig untergelegtes RH-Material) eine Sicherungskraft von 810 daN. Da bei einer guten Reibung nur noch 546 daN von Nöten gewesen wären, wäre auf diesem Wege eine Ladungssicherung möglich gewesen.

Jetzt steht aber in den einschlägigen Richtlinien zu lesen, dass jedes Ladungsstück, wenn es alleine steht und sich nicht formschlüssig an anderer Ladung abstützen kann - und das gilt auch für Coilpaare - mit mindestens 2 Niederzurrungen gesichert werden muss - vorausgesetzt die Ladungssicherungsart Niederzurren kommt zur Anwendung. Der Hintergrund dieser Vorschrift beruht schlicht und ergreifend darauf, dass sich Ladungsteile nicht aus ihrer Sicherung herausdrehen können sollen. Da es sich hier um zylindrische Ladung handelt, die stehend (Wickelachse senkrecht) transportiert wird, kann bei diesen paarweise geladenen Coils kein zweiter Gurt angebracht werden, der dieses Herausdrehen verhindert. Dieser Vorschrift kann dadurch genüge getan werden, dass man diese Coils kompakt, d. h. formschlüssig aneinander, lädt und in diesem Zustand als Block sichert.
In diesem Fall können sich die Coils nicht mehr aus ihrer Sicherung herausdrehen, da sie sich gegenseitig abstützen. Somit ist der vorgenannten Vorschrift Genüge getan, vorausgesetzt, am jeweiligen Ende des Blockes werden einzelne Ladungsteile durch eine Umspannung am Herausdrehen gehindert.
Für eine Blockverladung müssten dann aber die Ladungssicherungspunkte am äußeren Längsträger der Ladefläche genutzt werden.

Abschließende Bewertung:

Vieles ist in diesem Fall gut gemeint gewesen aber die Tatsache, dass die Coils zwar vor einen Ladungssicherungspunkt gesetzt, dann aber schlicht und ergreifend nicht gesichert wurden (sondern erst nach der Polizeikontrolle) erfüllt uns gelinde gesagt mit Unverständnis.
Die Bebänderung der Coils war gut, die Unterleger waren durchaus kreativ, machten aber keinen besonders vertrauenserweckenden Eindruck.
Die gesamte Verladung war aus Ladungssicherungssicht aufgrund der Reibung und der nicht vorhandenen Niederzurrungen mehr als mangelhaft, was den Verlader und natürlich auch dem Fahrer jeweils zu 100 % anzulasten ist. Das Fahrzeug selbst ist mit Ladungssicherungsmittel, RH-Material, Zwischenwandverschlüssen (Klemmbrettern), Ladungssicherungsgurten gut versorgt, was mindestens eine die Note zwei verdient hat.
Wir wünsche uns, dass insbesondere bei den Verladern derartige Dinge zu Ende gedacht werden und wenn man schon die Ladung so gut vor Ladungssicherungspunkten positioniert, dann auch kontrolliert wird, ob der Fahrer Sicherungen anbringt,
sonst ist die ganze präzise Verladung für die Katz.

Ihr Ladungssicherungskolumnisten wünschen allzeit sichere Fahrt!

© KLSK e.V.