Dezember 2015

Wenn die Ladungssicherung auf Granit beißt

Eine Verladeart, die das Potential hat in unserer Kolumne zum Stammgast zu werden. Steinplatten, um genau zu sein polierte Granitplatten werden auf A-Bockgestellen in Fahrtrichtung längs geladen und transportiert. Soweit so gut. Plattenförmige Ladungen soll man senkrecht (stehend) transportieren, das gilt für Dachsteine wie für Granitplatten, für Glasscheiben und für einige flächige Produkte, die bruchgefährdet sind, ebenfalls. Dem geneigten Beobachter fällt aber auf, dass dieses Fahrzeug offensichtlich nach Lastverteilungsgesichtspunkten entweder vollkommen falsch beladen ist, da nur kurz hinter der Achse des Sattelkraftfahrzeuges Ladung sichtbar ist, oder es hier wohl zu einer eher unfreiwilligen Abladung gekommen ist. Zweiteres ist der Fall.

Granit, der für seine Härte und für Belastbarkeit steht, ist in einer zugeschnittenen Form als Platte und dann noch so schön poliert, dass sich der Wald darin spiegelt, überaus sensibel und bruchgefährdet. Schaut man sich dieses Meisterstück an Ladeeinheit an, fällt auf, dass der A-Bock in seiner Basis offensichtlich sehr schmal ist. Ob die Granitplatten auf materialschonendem Holz standen, ist nicht überliefert, wenn, dann ist dieses nur fakultativ verwandt worden. Aus den übrig gebliebenen Schrottteilen des abgeladenen A-Bocks wissen wir, dass der A-Bock keinerlei Verbindung untereinander aufwies. Die grünen A-Böcke stehen direkt auf der Ladefläche ohne auch nur im Geringsten den Versuch einer Lastverteilung und vor allem Reibungserhöhung unternommen zu haben. Die Einheit an sich ist kunstvoll aber trotzdem abenteuerlich gesichert. Hochsensible Platten wurden mit Langgliederketten zu einer "Ladeeinheit" zusammengefasst. Um die Ecken zu schützen wurden Hölzer unter die Kanten geschoben. Obwohl unter die Kanten nicht ganz richtig ist, denn die Hölzer wurden nur in die Nähe der Ecken geschoben und der Künstler, der diese Ladeeinheit zustande gebracht hat hofft offensichtlich, dass die Langgliederkette, wenn sie denn erstmal gespannt ist, das Holz schon an Ort und Stelle halten wird. Da aber offensichtlich nicht genug Holz zur Verfügung stand hat man sich im hinteren Bereich mit einer Gummimatte bzw. RH-Matte beholfen. Diese scheint eine Stärke von zwischen 2 und 5mm aufzuweisen, und es sei an dieser Stelle erlaubt, an der Wirkung dieses Unterfangens zu zweifeln. Absolut sehenswert hingegen ist der Gurt, der zusätzlich zur Bündelung beiträgt. Er hat nicht nur seine besten Zeiten schon gesehen, nein, er ist schon seit geraumer Zeit ablegereif.

Nichtsdestotrotz wurde er kurzerhand geknotet und zur Bündelung der Granitplatten heran gezogen. Beeindruckend ist wiederum die Sorgfalt, die man in diesem Fall walten ließ, denn eindeutig weist dieser Gurt zumindest im oberen Bereich, einen Kantenschutzschlauch auf, den er unten vermissen lässt.

Die Ladungssicherung

Das absolute Highlight dieser Verladung ist die Ladungssicherung. Situationen wie diese kommen uns immer besonders entgegen, denn wir haben auf einem derartigen Fahrzeug mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Vorher-Nachher-Bild. Wenn auch die Ladungssicherung nicht absolut identisch gewesen ist, so lässt das Ergebnis dieses Transportes durchaus die Vermutung zu, dass der zweite geladene A-Bock durchaus ähnlich "gesichert" war. Man hat diese Ladung, die mit einer Masse zwischen 8 und 12 Tonnen daher kommt, augenscheinlich nur mit einem einzigen Gurt niedergezurrt. Nicht genug, dass man die Niederzurrung bei einer derart hohen Masse und relativ geringen Reibung als Ladungssicherungsart gewählt hat, bei der man ja die Ladung nur künstlich schwerer macht um ihre Reibung zu erhöhen, nein zu allem Überfluss ist der Gurt noch über die Ladebordwand geführt. Das hat den Nachteil, dass der Gurt, der an sich schon eine gewisse Dehnung und Flexibilität aufweist, die man ihm weitestgehend durch die Vorspannung zu entlocken weiß, noch zusätzlich über relativ flexiblen Untergrund führt. Denn die Beweglichkeit der Ladebordwand geht ebenfalls zu Lasten der Vorspannung. Vielleicht hat sich der Vollbringer dieser Ladungssicherung gedacht, dass in diesem Fall der Verlust von ein paar Dekanewton sowieso nicht mehr auffällt, da diese Art der Sicherung erstens keine ist und zweitens das Glück massiv herausfordert.

Wie schon erwähnt hat sich die Ladeeinheit 2 auf diesem Fahrzeug in einer relativ sanften Linkskurve verabschiedet. Augenscheinlich ist die Ladung mit der zu vermutenden brachialen Gewalt durch die Ladebordwände gebrochen und hat sich in den seitlichen Verkehrsraum bzw. in die Böschung ergossen.

Die Spuren auf dem Fahrzeug geben weiteren Aufschluss über den Unfallhergang.

Da nur wenige Fakten überliefert sind, müssen wir uns leider mit Mutmaßungen begnügen. Im vorderen Teil des Bildes sieht man die beiden grünen Basiselemente des A-Bocks. Offensichtlich gab es keine Vorrichtung, die die beiden A-Böcke miteinander verbanden. Dadurch hatten die geladenen Gesteinsplatten zusätzlich noch die Aufgabe die A-Böcke zueinander zu stabilisieren. So wie wir Ladegestelle verstehen, sollen sie helfen die Ladung gut und vor allem sicher zu transportieren. Aber das Ladegestelle erst von Ihrer Ladung gehalten werden müssen um ihre Funktion zu erfüllen, deckt sich nicht mit unserer Auffassung von sicherer Verladung. Zumindest in diesem Fall. Mit dieser Art von getrennten A-Bockgestellen eine sichere Ladeeinheit herzustellen, das gelingt in der Regel im Ruhezustand, kann aber schon bei einer relativ kleinen Bremsung zum Problem werden. Denn während einer Bremsung muss über die A-Böcke die gesamte Kraft in die Ladefläche eingeleitet werden. Die Basis der A-Böcke ist sehr schmal. Dies birgt die Gefahr, dass die nach vorne drängenden Platten den A-Bock umkippen. In diesem Moment wären alle Bündelungen lose, denn die A-Stützen des Bocks würden mit umfallen und die Bündelungen der Ladeeinheit wären vollkommen lose. Die Ladung könnte sich dann frei bewegen.

Die Spuren auf diesem LKW verraten aber einen anderen Unfallhergang. Im vorderen Bildteil, durch einen Kreis gekennzeichnet, sieht man ein recht großes Loch in der Ladefläche. Ob das Pendant im hinteren Bereich bei der zweiten Basiseinheit des A-Bocks ebenfalls zu finden ist, ist leider nicht überliefert und auf den Bildern, die uns zur Verfügung stehen auch nicht zu erkennen. Solche Löcher entstehen in der Regel nur dann, wenn die A-Böcke ankippen und sich die ganze Last auf eine Kante des A-Bocks konzentriert. Sollte nur vorne ein Loch in der Ladefläche sein, könnte das der Hinweis darauf sein, dass der Fahrer ggf. gemerkt hat, dass er die Kurve etwas zu schnell genommen hat und gebremst hat. Durch das Ankippen der A-Böcke wurde die gesamte Konstruktion der einzelnen A-Böcke, wie auch immer die ausgesehen haben mögen (gesteckt, geschweißt oder geschraubt), zusammen gebrochen und die Platten sind auf die LKW-Ladefläche bzw. auf die Ladebordwände und dann auf die Ladefläche gekippt. Diese Vermutung liegt deshalb so nahe, weil die Ladefläche eine recht kräftige Delle aufweist, die schätzungsweise so breit ist wie die Granitplatten. Dies ist besonders gut auf der Abbildung 3 zu sehen. Auf der linken Fahrzeugseite hängt im hinteren Teil noch ein Gurt über die Ladebordwand. Natürlich ist es wiederum eine Mutmaßung, anzunehmen, dass auch die hintere Ladeeinheit durch eine Niederzurrung oder vielleicht sogar zwei gesichert war. Besieht man sich die vordere Sicherung, dann liegt diese Vermutung aber sehr nahe.

Die Bruchstelle der Runge weist nur noch einen sehr geringen grauen metallischen Bereich auf (wenn überhaupt) und viel Rost. Der Rost weist darauf hin, dass die Rungenhalterung schon länger abgebrochen ist und die Schweißungen, die man teils vermuten, teils erkennen kann weisen auf Reparaturversuche hin. Grundsätzlich ist das ein ziemliches Problem, wenn Fahrzeugteile mit Hausmitteln repariert (bzw. zusammengebraten) werden, denn die Fahrzeugteile sollten hinterher genauso gut wie die Neuteile ihren Dienst versehen, was hier offensichtlich nicht der Fall war.

Das Sicherungsmaterial, welches man auf der Abbildung 6 sehen kann, zeigt bei Ratschen wie bei den Haken erhebliche Korrosionsspuren und die Gurte sind in mehrfacher Weise ablegereif. Manche Schädigungen an den Gurten sind eindeutig durch den Unfall passiert, andere sind wiederrum älter und weisen auf den schlechten Allgemeinzustand des Ladungssicherungsmaterials hin.

Besieht man sich die Unfallstelle, bestätigt sich die Vermutung, dass die Ladung nicht auf einmal vom Fahrzeug gerutscht ist, sondern eher gekippt und dann stückweise vom Fahrzeug gefallen ist, da sich sonst eine derart lange Trümmerspur wohl kaum ergeben hätte. Der Gegenverkehr war bei diesem Ladungssicherungsunfall nicht gefährdet, da die Ladung in Richtung Böschung gefallen ist. Wenn wir uns aber mal vorstellen, dass das Fahrzeug auf der Gegenfahrbahn unterwegs gewesen wäre, dann hätte das Fahrzeug eine Rechtskurve durchfahren müssen. Durch diese Rechtskurve hätte die Ladung eine linksseitige Beschleunigung erfahren und die Trümmer, die hier auf der Straße liegen hätten sich auf die Gegenfahrbahn ergossen. Bei entsprechendem Gegenverkehr hätten die Trümmer wahrscheinlich für weit mehr als nur ein Fahrzeug ausgereicht…

Die richtige Sicherung derartiger Ladung

Wünschenswert wären breitere A-Böcke, die untereinander stabil verbunden werden könnten. Die breiteren A-Böcke haben den Vorteil, dass sie die Last auf dem Fahrzeug gut verteilen. In dem vorliegenden Fall war zu befürchten, dass die Streckenlast des Fahrzeuges mit diesen schmalen Auflagepunkten schon überschritten war. Breitere A-Böcke verteilen die Last und bieten der Ladung eine größere Auflagefläche. Das ist gut für die Ladung und gut für den LKW. Als Unterlage für die Ladung auf dem A-Bock wird Weichholz empfohlen. Dabei kommt nicht nur eine gute Reibung und ein guter Ladungsschutz zustande, sondern durch die schwere Ladung auch durchaus eine formschlüssige Verzahnung. Die A-Böcke selbst sollten auf der Ladefläche auf Schwerlastmatten gestellt werden, um unseren Verbündeten, die Reibung, zu nutzen. Eine unserer Lieblingsausführungen zur Reibung ist, wenn das Fahrzeug mit Gummireifen bremst, sollte man so fair sein und der Ladung ebenfalls Gummischuhe zur Verfügung stellen, damit auch sie annährend die gleiche Reibung hat wie das Fahrzeug auf der Straße.

Der A-Bock steht auf Schwerlastmatten (nicht gezeichnet). Die Umspannungen liefern nicht nur die Kippsicherheit der Platten, sondern auch die wichtige Mindestsicherung für den Erhalt der guten Reibung. Die Umspannungen die von vorne nach hinten geführt werden halten die Granitplatten auf dem A-Bock. Da es sich bei den roten Gurten um Direktsicherungen handelt muss darauf geachtet werden, dass sie gleichlang gesetzt werden, denn für eine Sicherungswirkung muss die Ladung ein Stückweit nach vorne rutschen, um die Gurte zu belasten (spannen). Sind sie ungleich lang, hält erst die eine Gurtpaarung und danach die zweite.

Kritiker bzw. Sicherungsökonomen könnten bei dieser Sicherung einwenden, dass der A-Bock "übersichert" ist. Richtig! Wenn wir 12.000daN an Gewichtskraft annehmen, 60% Reibung veranschlagen, dann müssen nach vorne nur noch 2.400daN an Sicherungskraft aufgebracht werden. Eigentlich reichen die beiden vorderen Gurte vollkommen aus. Da diese aber eine doppelte Funktion haben (Platten vor dem Verrutschen nach vorne schützen und A-Bock halten), haben wir dieser Sicherung noch eine zweite im hinteren Bereich hinzugefügt, da im Wort Ladungssicherung das Wort Sicherheit vorkommt.

Das 8 oder 12-Tonnen schwere Ladung nur schwer durch Niederzurrungen zu sichern ist, müssen wir hier - glauben wir - nicht weiter ausführen. Die Sicherung sollte auf jeden Fall eine direktsichernde sein, die entweder die Ladung und den A-Bock gemeinsam sichert, oder die Ladung auf dem A-Bock und dann den A-Bock auf dem Fahrzeug. Die Bündelung der Platten auf dem A-Bock selbst ist für die Ladeeinheitenbildung sehr wichtig.
Unsere Skizzen 2 und 3 zeigen ein Buchtlashing zur seitlichen Sicherung auf. Wir empfehlen vier Umspannungen für derartige Ladungen. Sie sollten von jeder Seite einmal um das gesamte Ladungspaket geführt werden und zu ihrer Ursprungseite zurück, um jegliche Art von Kippgefahr, entweder des A-Bockes oder einzelner Platten entgegen zu wirken. Die Ladungssicherung nach hinten wird schon durch die Reibung sichergestellt. Für eine Mindestsicherung ist durch die Direktsicherung gesorgt, sodass die Reibung auch jeder Zeit voll wirken kann.
Das mag so in keiner Richtlinie stehen, aber wenn wir das Risikopotential einer derartigen Ladung berücksichtigen würde es zumindest dem Fahrer ein sehr ruhiges und sicheres Gefühl geben.

Wir wünschen Ihnen allezeit sichere Fahrt eine besinnliche Vorweihnachtszeit und frohes Fest!

Ihre Ladungssicherungskolumnisten

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