Januar 2013

Winterlandschaft

Der Winter zeigt sich in großen Teilen der Nordhalbkugel in dieser Jahreszeit mit seinem typischen Gesicht. Die Bäume haben keine Blätter mehr, die Natur macht Pause, und von unseren Kindern wird der Schnee zum Schlittenfahren herbeigesehnt. Landschaftlich ist diese ruhige weiße Welt ebenfalls sehr reizvoll, und wenn sich dieser Reiz nur auf die Tatsache beschränkt, die Vorfreude auf den Sommer zu steigern.

Da wir uns aber in dieser Kolumne nicht mit Landschaftsbildern beschäftigen, sondern mit der Ladungssicherung, wollen wir auch gleich zum Thema kommen. Die Winterzeit bringt Eis und Schnee mit sich. Es ist eine Binsenweisheit, und spätestens unsere Kinder erfahren es auf ihren Schlitten, die Reibung auf metallischen Kufen ist minimal und beschert beim Rodeln einen Heidenspaß. Nun wirkt die Reibung aber nicht nur in alle Richtungen, wir erinnern uns an den Reibungskreis, sondern sie wirkt auch überall. Nicht nur bei Hobby und Freizeit, sondern leider auch dort, wo man sie „so minimal“ vielleicht nicht haben möchte. Auf der Abbildung 2 sieht man ein Fahrzeug auf einer Autobahnabfahrt, welches offensichtlich einen Ladungsverlust nach links erlitten hat. Bei erster Betrachtung denkt man – Glück gehabt –. Es waren keine anderen Fahrzeuge beteiligt; die Ladung scheint offensichtlich in den Seitenstreifen gerutscht zu sein.

Kommt man dem Fahrzeug näher, bestätigt sich die Annahme. Der Gegenverkehr bzw. die Gegenfahrbahn, die sich gleich hinter der nächsten Leitplanke versteckt, wurde nicht in Mitleidenschaft gezogen. Die Art und Weise, wie das Ladungsteil dort im Erdreich steckt, lässt die Vermutung zu, dass es sich hier um eine hohe Masse handeln muss. Und richtig. Dort im Erdreich stecken 18.450 kg mit einem Gesamtwert von ca. 60.000 Euro. Ein Stahlbauteil, welches wir nicht näher beschreiben müssen, außer dass es länglich und recht schwer war und nebenbei viele Möglichkeiten zur Direktsicherung bot.

Der Fahrer und der Verlader (diesen wollen wir zunehmend in unsere Kolumne mit einbinden) haben sich sehr wohl Gedanken über die Ladungssicherung gemacht. Immerhin lag das Stahlbauteil auf drei Holzbohlen. Unter den Holzbohlen befanden sich Antirutschmatten. Und unter den Antirutschmatten befand sich leider - Schnee.

Nun hat Schnee nicht nur unter Schlittenkufen eine reibungsreduzierende Wirkung, sondern auch unter Antirutschmatten. Der Fahrer konstatierte zwar nur noch schwach, er hätte den gröbsten Schnee sehr wohl beseitigt, aber wie viele aus leidvoller Erfahrung wissen, kann man auch auf sehr wenig Schnee ausrutschen. Eigentlich ist dieses Bild des Monats ein Geschenk des Himmels, denn nirgendwo kann man die Inkonsistenz von Reibungserhöhung besser beschreiben denn hier. Richtig, wir werden nicht müde, immer wieder hervorzuheben, dass die Reibung sich bitte schlüssig von der Ladung über die Ladungssicherungshilfsmittel Lastverteilungsmaßnahmen wie z. B. Holzbohlen, konsequent bis zur Ladefläche fortsetzen muss. Was war in diesem Falle praktiziert worden? Das Stahlbauteil lag auf Holzbohlen, diese auf RH-Matten, zwischen den RH-Matten und der Ladefläche befand sich Schnee.

Die erste Ungereimtheit ist die Tatsache, dass das Stahlbauteil mit einer relativ glatten Oberfläche einfach nur auf den Holzbohlen platziert wurde. Wenn die Ladung ins Rutschen kommt, kommt sie auf den Holzbohlen ins Rutschen, denn unter den Holzbohlen liegt ja RH-Material, das normalerweise (ohne Schnee) eine exzellente Reibung hat. Die zweite Inkonsistenz in Sachen Reibung ist die Tatsache, dass die Gummimatten tatsächlich auf Schnee lagen. Grundsätzlich gilt, bei Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt müssen Ladeflächen entweder trocken, selbstverständlich von Schnee und Eis befreit und ggf. gesalzen werden, damit sie schnee- und eisfrei sind. Eine Ladefläche, die einer Rodelbahn gleicht, erfüllt diese Voraussetzungen mit Sicherheit nicht.

 

Die Abbildung 5 lässt erahnen, welche kinetische Energie hier umgesetzt wurde. Immerhin ist das Sattelkraftfahrzeug mit 45 km/h in diese Autobahnabfahrt hineingefahren.

Auf der Abbildung 6 ist deutlich zu erkennen, dass mehrere Gurte eingesetzt wurden. Der den Unfall aufnehmende Polizist, der uns freundlicherweise diese Bilder zur Verfügung gestellt hat, hat 10 Gurte, zum Teil ablegereif, gezählt. Sie waren alle als Niederzurrung ausgeführt.

Wir haben in dieser Kolumne schon relativ häufig unsere skeptische Haltung gegenüber der Niederzurrung, insbesondere bei großen Massen, zum Ausdruck gebracht. Die Niederzurrung kann schnell, sicher und gut wirken, wenn eine ausreichend hohe Reibung zur Verfügung steht, denn sie ist eine Sicherungsmaßnahme, die nach dem Prinzip der Reibungserhöhung wirkt. Was bitte aber soll auf einer Ladefläche an Reibung wirken, die eher an eine Rodelbahn erinnert als an eine Ladefläche, auf der immerhin 60.000 Euro an Waren transportiert werden, die, und das ist das eigentliche Elend bei diesem Transportversuch, auch andere Verkehrsteilnehmer gefährdet.

 

Grundsätzlich gilt, wenn man bei seiner Ladungssicherung die Reibung auf der Ladefläche mit in die Kalkulation einbinden möchte, dass die Ladefläche vollständig von Eis und Schnee zu befreien ist, sie sollte gesalzen werden, und die Ladungssicherungspunkte müssen vollständig freigelegt und gangbar sein. Dies kann mit Salz oder heißem Wasser geschehen. Vorsicht beim Einsatz von heißem Wasser; dies gefriert eventuell auf der Ladefläche, und ist nur die zweitbeste Option, da wieder erheblich nachgesalzen werden muss.

Kann man sich nicht sicher sein, dass die Ladefläche vollkommen von Eis und Schnee zu befreien ist, dann ist es relativ einfach, indem man das gesamte Sicherungssystem auf die Direktzurrung umstellt. Direktzurrungen funktionieren auch auf Schnee und Eis.

Wie auf Abbildung 8 nachher zu sehen sein wird, bietet das Stahlbauteil auch die Möglichkeit, Gurte und Ketten durch das Teil hindurchzuführen, sodass die benötigten fünf Gurte, allein in die Vorausrichtung, zur alleinigen Sicherung durch Direktzurrungen auf entsprechend viele Ladungssicherungspunkte verteilt werden können. Da auf Eis und Schnee ohne Reibung gerechnet werden muss, kann die Anzahl der benötigten Gurte sehr einfach errechnet werden. Zu den Seiten und nach hinten muss mit einer Beschleunigung von bis zu 0,5 gerechnet werden. Man teilt das Ladungsgewicht von 18,5 t durch 2 und dieses dann durch 4. Durch 4 deswegen, weil jeder Gurt in der Umspannung bis zu 4 t (4.000 daN) an Sicherungskraft aufbringen kann. Voraussetzung hierfür ist, dass die Gurte ohne Einflüsse von Winkeln die Ladung sichern können. Dies war bei diesem Stahlbauteil gegeben, so dass zur seitlichen Sicherung nur jeweils drei Umspannungen nötig gewesen wären, genauso wie bei der rückwärtigen Sicherung.

 

Der Krater, den dieses Ladungsteil im Erdreich hinterlassen hat, hatte eine Tiefe von ca. einem Meter. Dieses Bild zeigt den erheblichen Aufwand, den die Unachtsamkeit bei der Einschätzung der Reibung auf der Ladefläche nach sich gezogen hat.

 

Wir wünschen allen unseren Lesern ein gesundes und

ladungssicheres Jahr 2013!!!

© KLSK e.V.