März 2013

Volles Rohr voraus - Vorbild mit Schönheitsfehlern

Bei diesem Bild des Monats handelt es sich tatsächlich um eine recht vorbildliche Ladungssicherung. Die Rohre und der an einen Tank erinnernde längliche Zylinder auf dem Anhänger sind aus Kunststoff, haben einen geringes Gewicht, eine zylindrische Geometrie und würden offensichtlich ohne jede Ladungssicherungsmaßnahme bei der kleinsten Beschleunigung das Fahrzeug verlassen. Offensichtlich haben die Verantwortlichen, die sich mit diesem Transport beschäftigt haben, gründlich über diesen nachgedacht und eine nahezu vorbildliche Ladungssicherung umgesetzt.

Wie auf der linken Fahrzeugseite unschwer zu erkennen ist, wurden insgesamt sechs Niederzurrungen mit Langhebelratschen verwendet. Sofern mit diesen Langhebelratschen einigermaßen Vorspannung auf die Ladung aufgebracht worden ist, kann man schon davon ausgehen, dass die Ladungssicherung - an sich - gut ist.

Besieht man sich die Ladung näher, fällt einem zuerst am hintersten Teil des auf dem Anhänger geladenen Zylinders ein Gurt auf, der nicht der Ladungssicherung dient, sondern anscheinend der Verpackung:

 

Davon abgesehen, dass die Haken derart in sich eingehakt sind (siehe Pfeil), dass sie sich so gegenseitig aufziehen können, stellt sich ein erfahrener Ladungssicherungskolumnist an dieser Stelle die Frage, warum dieser Gurt überhaupt an dieser Stelle platziert wurde. Kann der "Deckel" des Tanks ggf. nach hinten abfallen? Und soll er durch den Bündelungsgurt ggf. daran gehindert werden?

Wenn dem so ist, wäre eine Direktzurrung unter Zuhilfenahme einer Kopfschlinge eine bessere Sicherung. Es kann aber auch sein, dass dieser Gurt nur dem Anbringen der roten Fahne dient, die den Überstand der Ladung kennzeichnet. Für diesen Fall soll der Umstand dieses Bündelungsgurtes nicht weiter beleuchtet werden.

Die Ladung selbst liegt auf dem Zugfahrzeug wie auf dem Anhänger auf Vierkantbalken, die zumindest teilweise eine leicht rechteckige Form haben:

 

Wer diese Kolumne häufiger liest, weiß um unsere Sorge, dass quadratische Vierkanthölzer im Belastungsfall leicht verrollen können. Insofern sei hier gerne noch einmal darauf hingewiesen, dass eine leicht rechteckige Unterlage schon deutlich besser ist als eine quadratische, aber eine bohlenförmige oder zumindest rechteckige Form im klassischen Sinne (Verhältnis 1:2) wirkt besser gegen Verrollen.

Bei zylindrischen Ladungen besteht immer das Hauptproblem, dass diese am Verrollen quer zu ihrer Achse gehindert werden müssen. Die gängigste Maßnahme ist, sie mit Rohrkeilen daran zu hindern. Bei diesem Bild des Monats sehen wir zwei Typen von Rohrkeilen. Auf dem Anhänger wurden die Rohrkeile auf Vierkantbalken genagelt und auf dem Zugfahrzeug sehen wir in der zweiten Lage sogenannte Doppelkeile. Diese Doppelkeile sind wiederrum auf Vierkantbalken genagelt, die eine sogenannte Spange bilden.

Zuerst wollen wir uns den Rohrkeilen auf dem Anhänger zuwenden:

 

Zu Keilen bzw. Rohrkeilen gibt es mehrere Empfehlungen. So besagt die VDI-Richtlinie 2700 für Rohrkeile, die gegen das seitliche Verrollen eingesetzt werden: Diese sollen so dimensioniert werden, dass sich zwischen der Senkrechten, die durch den Schwerpunkt der zylindrischen Ladung geht und dem Auflagepunkt am Rohrkeil ein Winkel von mindestens 35° einstellt.

Des Weiteren ist darauf zu achten, dass der Zylinder so auf den Keilen gelagert wird, dass er in der Mitte nicht mehr aufliegt. So kommt die seitliche Sicherung durch Keile voll zum Tragen.

Kann bei großen zylindrischen Körpern dieses Verhältnis Keil zu Zylinder nicht hergestellt werden, kann dieses "Manko" auch durch weitere Ladungssicherungsmaßnahmen geheilt werden.

 

Dimensionierung der Keile:

Für die Dimensionierung solcher Keile, die für die Ladungssicherung im Straßenverkehr verwendet werden, kann eine Faustregel herangezogen werden: Diese besagt, dass die Keile eine Höhe aufweisen sollten, die zirka einem Zehntel der Höhe des zylindrischen Körpers (Durchmesser) entspricht.

 

Positionierung:

Die Positionierung der Keile auf der Unterlage sollte so vorgenommen werden, dass der Auflagepunkt am Keil die Flanke des Keils ungefähr halbiert. In der Abbildung 4 ist zu erkennen, dass der Zylinder weit im oberen Drittel des Keils aufliegt. Bei schwereren Ladungen kann dadurch die Gefahr bestehen, dass der Keil durch die Gewichtskraft der Ladung ausgehebelt wird. Bei einer derart leichter Ladung wie in diesem Fall besteht eine Gefahr des Aushebelns allerdings nicht.

 

Rohrkeile

Keile müssen grundsätzlich so geschnitten und eingesetzt werden, dass in die Faser des Holzes genagelt werden kann. Die Ladung hingegen sollte tunlichst auf der Hirnseite des Holzes anliegen, da diese deutlich belastungsfähiger ist als die Faserseite und somit der Belastung besser widerstehen kann. Dies ist bei derart leichter Ladung unproblematisch, kommt aber bei schwerer Ladung zum Tragen.

Ein weitaus größeres Problem stellt das Nageln in die Hirnholzseite dar. Soll Holz gespalten werden, wird es grundsätzlich auf seiner Hirnseite mit Axt oder Beil bearbeitet.

Eine durchaus ähnliche Wirkung kann sich auch hier beim Nageln in das Hirnholz ergeben. Des Weiteren sollte möglichst senkrecht durch den Keil hindurch genagelt werden, und zwar so, dass der Nagel zirka 5 cm durch den Keil hindurchdringt und 4 cm in die Unterlage eindringt. Ferner sind die Nägel versetzt zu setzen, damit die Gefahr des Aufspaltens weiter minimiert wird. Die Nägel auf der Abbildung 5 sind dicht nebeneinander gesetzt und unterstützen somit im Belastungsfall ein Aufspalten. Ferner sind sie parallel zur Faser eingetrieben worden, was den Nagelausziehwert minimiert:

 

RH-Material

Die Abbildung 6 steht sinnbildlich für den inkonsequenten Einsatz von RH-Material.

Teilweise wurde auf diesem Fahrzeug RH-Material eingesetzt, und zwar unter den Unterlegehölzern und, wie auf der Abbildung 6 zu sehen, auch zwischen Ladung und Unterleger - nur leider auch das recht inkonsequent:

 

Grundsätzlich muss RH-Material die Ladung reibungstechnisch von der Ladefläche bzw. von seiner Unterlage trennen. D. h., dass es ausschließlich Berührungspunkte über die Reibepaarung Ladung/ RH-Material, RH-Material/Unterlage und Unterlage/ RH-Material/Ladefläche geben darf. Nur dann kann die gute Reibung des RH-Materials seine Wirkung voll entfalten.

In der Abbildung 6 ist erkennbar, dass beim Einsetzen des Kunststoffrohres die RH-Matte nach unten geschoben wurde und das Rohr vornehmlich, wenn nicht sogar ausschließlich, ohne RH-Material auf dem Keil aufliegt (siehe oberer Pfeil). Ferner ist der Unterleger nur mittig mit RH-Material unterlegt (siehe unterer Pfeil). Auf der Außenkante hat der Vierkantbalken Kontakt zur Ladefläche, was dringend zu vermeiden ist. Grundsätzlich muss nicht flächig untergelegt werden, sondern nur so starkes RH-Material, dass die Unterleger derart hoch angehoben werden können, dass auch für den beladenen Fall eine Berührung zur Ladefläche nicht zustande kommen kann.

Werden zylindrische Ladungen gestapelt, kann dies mittels Rohrspangen bzw. Doppelkeilen geschehen. Beim Herstellen der Doppelkeile ist unbedingt darauf zu achten, dass deren Form eine exakte vertikale Stapelung der Rohre ermöglicht:

 

Auf der Abbildung 8 sind wieder falsch geschnittene Rohrkeile zu sehen. Ein Sägeschema für Rohr- und Kistenkeile ist dem Containerhandbuch (Kapitel 4.3.8 "Genagelte Sicherung") zu entnehmen. Bei den Doppelkeilen auf der Abbildung 8 wurde wieder in das Hirnholz genagelt:

 

Den letzten Schönheitsfehler bei unserer vorbildlichen Verladung haben wir bei einem nahezu ablegereifen Gurt gefunden:

Damit kein falscher Eindruck entsteht:

In dieser Kolumne erwecken wir manchmal den Eindruck, dass wir zu genau hinschauen und keiner Verladung das Prädikat "gut" wirklich gönnen. Weit gefehlt, wir wollen ausschließlich die kleinen Fehler ausmerzen, die zu großen Folgen führen können.

Bei dieser recht vorbildlichen Verladung wurde leider RH-Material inkonsequent eingesetzt. Das kann zur Folge haben, dass die gute Wirkung des RH-Materials nicht oder nur teilweise wirken kann. Das ist Verschwendung von Arbeitszeit und Material. Falsch geschnittene Keile können ebenfalls ihre Wirkung vollkommen verfehlen. Richtig geschnittene Keile kosten keinen Cent mehr und das Sägeschema wird im Internet frei Haus dazu geliefert. Sie müssen ausschließlich richtig eingesetzt werden. Jeder Zimmermann weiß, dass Holz grundsätzlich nicht in die Hirnseite, sondern ausschließlich in die Faser zu nageln ist. Nur auf der Straße geht dieses intuitive Wissen bezüglich Holz schlicht und ergreifend verloren.

Noch ein Wort zu verdrehten Gurten. Auf der Abbildung 3 ist zu erkennen, dass ein Gurt verdreht angebracht wurde. Dieses wird leider sehr häufig bei Kontrollen festgestellt und auch von Lehrkräften kritisiert, die Ladungssicherungsschulungen abhalten. Denn wenn die Gurte auf der Ladung geknickt werden, ist der Kraftfluss nicht mehr optimal. Dies gilt es tatsächlich zu vermeiden.

Werden Gurte aber nur deswegen einmal um eine halbe Drehung verdreht, damit sie nicht so fürchterlich im Wind vibrieren und womöglich unangenehm knattern, ist dies für deren Sicherungskraft (in der Regel) vollkommen unschädlich. Problematischer ist es, wenn die Gurte durch den Fahrwind vibrieren und sich in die wie auch immer geartete Ladungskante einarbeiten. Das kann auch beim besten Kantenschutz für den Gurt nicht förderlich sein. Gurte sind leicht, gut zu verarbeiten und können erhebliche Ladungssicherungswirkungen entfalten. Aber aufgrund dieser Beschaffenheit flattern sie im Wind - dies kann man ruhig entsprechend abstellen.

 

Wir wünschen allzeit eine ladungssichere Fahrt.

Ihre Ladungssicherungskolumnisten

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