August 2012

Und es bewegt sich doch!

Mitunter fühlt man sich in die Zeit von Nikolaus Kopernikus und Galileo Galilei zurückversetzt. Beide Forscher und Gelehrte hatten das heliozentrische Weltbild gelehrt und waren der festen Überzeugung, dass nicht "mehr" die Erde im Mittelpunkt des Universums steht, sondern die Sonne.

In Anlehnung an diese Weltbildverschiebung ist wohl auch die Ladungssicherung von Holz zu sehen. Der Glaube, dass nur das Gewicht des Holzes und die Klemmwirkung zwischen den Rungen das Holz schon sichern würde, scheint so tief zu sitzen wie der damalige Glaube, dass die Erde im Mittelpunkt unseres "Sonnensystems" steht.

Holz ist ein Naturprodukt und verhält sich immer anders, als erwartet. Viele Versuche, die mit Holz im Rahmen von Fahrversuchen gemacht wurden, haben den heterogenen Charakter von Holz immer wieder unter Beweis gestellt. Was sich aber abschließend mit Bestimmtheit sagen ließ, ist, dass die Physik vor Holzstämmen (Rohholz) nicht haltmacht. So haben viele an den Versuchen Beteiligte viel dazugelernt und gemeinsam die Verladeempfehlung für Rohholz, längs und quer geladen, erarbeitet. Die folgenden Links führen Sie dorthin.

 

Verladeempfehlung längs

Verladeempfehlung quer

Auf dieser Abbildung sieht man einen Gliederzug, der in der Schweiz bei einer Bremsung vor einer Ampel verunfallte. Der Unfallhergang ist recht alltäglich und schnell erklärt: Der Fahrer dachte, der vor ihm fahrende PKW würde noch bei Gelb über die Ampel fahren, dieser wollte sich aber verkehrsregelkonform verhalten und bremste. Aus diesem Grund musste die Bremsung des mit Holz beladenen Gliederzuges etwas kräftiger ausfallen, um einen Auffahrunfall zu vermeiden. Die Vermeidung des Auffahrunfalles ist geglückt - die zuvor vorgenommene Ladungssicherung leider nicht. Daher ist das Holz auf dem Maschinenfahrzeug wie auf dem Anhänger verrutscht. Augenscheinlich ist das Holz auf dem Anhänger deutlich weiter gerutscht, so dass es sich in den offenen Verkehrsraum zu beiden Seiten des Fahrzeuges bewegen konnte. Zu dieser Zeit zeigte die Ampel des Gegenverkehrs noch Rot. Daher befand sich kein Fahrzeug im Gegenverkehr und auch nur dadurch ist kein Dritter zu Schaden gekommen.

Bei dem Rohholz mit dem der Anhänger beladen war, handelt es sich überwiegend um Buche, berindet. Die Ladung ist vornehmlich nach vorn auf das Maschinenfahrzeug aufgerutscht und wurde vom Kran, respektive vom Fahrzeug und seiner Ladung selbst aufgehalten. Nur seitlich konnten sich einige Stämme in den Verkehrsraum ergießen. Versetzt man sich in die Lage eines entgegenkommenden PKW, wirkt ein derartiger 4 bis 5 Meter langer Buchenstamm recht bedrohlich. Diese Bedrohung würde sich bei einer Kollision sicher sehr zerstörerisch in die Realität umsetzen.

Wo lagen die Verfehlungen des Fahrers?

 

Kommen wir zurück zum Titel dieses Bildes des Monats und zum Aberglauben, der sich um die Physik der Masse dreht. Sehr häufig hört man bei LKW-Kontrollen: "Das ist ja so schwer, das kann sich gar nicht bewegen." Dies ist aber nur ein Teil, der hier die Praktiker in die Irre führt. Rohholz hat eine relativ raue Oberfläche und damit eine gute Reibung. Des Weiteren klemmt sich Rohholz durch den sog. "Spreizwinkel" tatsächlich zwischen den Rungen fest. Dies ist schlicht und ergreifend in der Geometrie der Holzstämme festgelegt. Legt man auf den Schreibtisch zwei runde Bleistifte so nebeneinander, dass sie sich berühren, und legt einen Dritten genau in die Mitte, so werden die Unteren auseinanderrollen. Das ist der Spreizwinkel, der hier seitliche Kräfte generiert, zusätzlich zu den Reibungskräften und den Gewichtskräften. Insofern arbeitet dieses "Dreigestirn" Gewichtskraft, Spreizwinkelkraft und der Aberglaube, dass hohe Massen doch recht gut sichern, gegen die natürliche Bauchempfindung eines Chauffeurs. Dazu kommt, dass sich das Naturprodukt Holz nahezu immer anders verhält, als vorher erwartet.

Das mussten alle Vertreter der Institutionen, die sich an der in Deutschland erarbeiteten Verladeempfehlung für Rohholz (bis 6 Meter), längsgeladen, zur Ladungssicherung für den Straßentransport beteiligt haben, feststellen.

Aber am Ende mehrerer großer Versuchsreihen konnten diese Verladeempfehlungen entwickelt, abgestimmt und ruhigen Gewissens veröffentlicht werden. Generell lässt sich sagen, Rohholz braucht viel weniger Sicherungskräfte als z. B. eine Holzkiste von gleicher Masse auf einer Ladefläche.

In der vorgenannten Verladeempfehlung heißt es u. a.: "Auf den Fahrzeugböden / Rungenschemeln müssen im Ladebereich in Querrichtung mindestens zwei Keil- bzw. Stegleisten je Holzstapel vorhanden sein. Diese müssen so beschaffen sein, dass sie die untere Stammlage formschlüssig sichern".

Dieser Empfehlung entsprachen die Rungenschemel offensichtlich nicht. Nach Aussage der Schweizer Polizei waren diese Keilleisten so niedrig (wenige Millimeter), dass sie nicht in der Lage waren, ausreichend tief in die untere Lage des Holzes einzudringen. Wie auf der Abbildung 3 zu sehen, ist der gesamte Holzstapel nach vorn verrutscht, somit war entweder nicht genug Formschluss wegen der zu niedrigen Stege vorhanden, oder es herrschte zu wenig Druck durch die Niederzurrungen, sodass das Holz über die Stege "steigen" konnte. Ggf. kann es eine Kombination aus beiden Ursachen gewesen sein.

Die Stirnwand auf der Zugmaschine weist erhebliche Gebrauchsspuren auf und zeigt dadurch erstens, dass der Transport von Holz keine sanfte Angelegenheit ist, aber auch dass die Stirnwand, ob ihrer robusten Bauart, in der Lage ist, Holzstämme aufzuhalten, sofern sich trotz der Ladungssicherung ein Stamm aus dem Verbund lösen sollte. Laut Verladeempfehlung sollte immer so geladen werden, dass, wenn ein Holzstamm bis an die Stirnwand vorgerutscht sein sollten, diese immer noch von mindestens zwei Rungen gehalten werden, damit sie eben nicht schräg das Fahrzeug nach links oder rechts in den Verkehrsraum hinein verlassen können. Auf der Zugmaschine sind die Holzstämme verrutscht, aber nicht sehr weit, so dass die Stirnwand in diesem Fall noch "arbeitslos" blieb.

Sehr häufig sieht man bei robusten Transporten wie Rohholz- Beton- oder Stahltransporten, dass die Ladungssicherungsmittel erhebliche Gebrauchs- bzw. Verbrauchsspuren aufweisen. Häufig sind oft mehr als 50% der verwendeten Gurte ablege reif. Einerseits ist dies fast verständlich, da in diesem robusten Einsatz die Materialien leicht geschädigt werden können. Richtig wäre es aber, die Ladungssicherungsmittel entweder so zu wählen, dass sie der Belastung standhalten können, oder die relativ sensiblen Gurte vor dem harten Einsatz z. B. mit Schutzschläuchen zu schützen.

 

Die vorgenommene Ladungssicherung:

Auf dem Anhänger wurden zwei Niederzurrungen aus Gurten mit wahrscheinlich einer LC von 2.500 daN eingesetzt (die Label waren nicht mehr zu lesen). Der auf Abbildung 5 gezeigte, abgetrennte Dreiecksring war von seinem Gurt getrennt worden. Die Rissspuren zeigten eindeutig, dass annähernd 50 % des Abrisses schon lange vor dem Unfall geschehen sind. Die Regeln zur Prüfung von Ladungssicherungsmaterialien besagen, dass wenn 10 % der Kettfäden des Gurtes verletzt oder durchtrennt sind, der Gurt ablege reif ist. Dies gilt aber erst recht für den Fall, wenn 50 % der Kettfäden durchtrennt sind. Dieser Gurt war also wertlos.

Als Anhang zur vorgenannten Verladeempfehlung findet man eine Tabelle, aus der gut ersichtlich ist, wie viel Spannmittel für die unterschiedlichen Holzmengen verwandt werden sollen. In dieser Tabelle werden die unterschiedlichen Eigenschaften der Hölzer berücksichtigt. In Versuchen wurden die sogenannten Abzugswerte des Rohholzes ermittelt. Diese Abzugswerte berücksichtigen die Tatsache, dass sich das Holz zwischen anderen Stämmen durch den Spreizwinkeleffekt einklemmt und somit einen deutlich höheren Abzugs- / Reibbeiwert hat als normales Holz. Für Laubholz sieht man bei 12 Tonnen die Empfehlung, neun oder acht Gurte mit einer Vorspannung mit bis zu 500 daN einzusetzen. In der Tabelle wird in der ersten Spalte berücksichtigt, wie viel Prozent der Ladung sich auf dem unteren Schemel durch Formschluss sichern. Dies ist abhängig vom Durchmesser der Holzstämme. Im vorliegenden Fall werden es wahrscheinlich nur 10 max. 15 % der Holzstämme sein, die sich, sofern ein wirkungsvoller Formschluss überhaupt stattfindet, formschlüssig sichern ließen. Der Anhänger war mit 14,4 Tonnen beladen, insofern hätten mindestens 10 Gurte mit einer Vorspannung von 500 daN zur Ladungssicherung Verwendung finden müssen.

Als Ladungssicherungskolumnisten stellen wir uns immer wieder die Frage, warum die Fahrzeuge nicht so ausgestattet werden, dass das Sichern der Ladung für die Fahrer möglichst einfach wird. Entweder kann man Anhänger mit einer Stirnwand, bestehend aus einem groben Gittergeflecht, versehen, oder man versieht die Rungenschemel mit Ladungssicherungspunkten, die einen LC von 5 oder 10 Tonnen aufweisen, befestigt daran entweder robuste Gurte mit entsprechenden Schutzschläuchen und Vorspanneinrichtungen, die diese Bezeichnung auch verdienen (im Zusammenhang mit den im Holztransport geforderten Vorspannungen) oder Ketten mit Drahtvorläufern, um diese mit Winden oder Spindelspannern - vielleicht sogar am besten eine Kombination aus beidem - erheblich vorzuspannen. Somit könnten mit nur zwei oder drei Ladungssicherungsmitteln ausreichende Vorspannkräfte erreicht werden.

Häufig wird uns entgegengehalten, dass das Handling von Ketten, aufgrund ihres hohen Gewichtes recht schwierig sei und ein Werfen über die Ladung nicht möglich ist. Dem ist zu entgegnen, dass erstens der Markt inzwischen hochfeste Ketten bereithält, die deutlich leichter geworden sind, und es zweitens möglich ist, eine Kette mit einer Leine, versehen mit einem Karabinerhaken an dem die Kette schnell und sicher zu befestigen ist, über den Holzstapel zu werfen und die Kette daran über die Ladung zu ziehen. Ausdrücklich sei aber an dieser Stelle vermerkt: Jeder kann und muss dies für sich entscheiden und muss sein, für die Ladung und sein Fahrzeug optimales Sicherungsgerät finden und anwenden. Unsere Sache wäre es nicht, über diesen relativ überschaubaren Ladungsstapel 10 Gurte mit nur einer Vorspannkapazität von à 500 daN zu spannen, das kostet zu viel Zeit.

 

Allzeit sichere Fahrt wünschen die Ladungssicherungskolumnisten

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