Juni 2010

Ist man als Kontrollorgan unterwegs, so hat man häufig das Glück, dass die Realität einem immer wieder beweist, dass sich die physikalischen Gesetzmäßigkeiten als klar, richtig und zuverlässig erweisen. So erging es auch diesem Kollegen, der ein Fahrzeug kontrollierte und uns freundlicher Weise die Bilder zur Verfügung stellte. Das Fahrzeug welches nicht in einen Unfall und auch nicht in eine Notbremsung verwickelt war, soll nach Aussage des Fahrers nur vollkommen normal am Straßenverkehr teilgenommen haben. 

Die Beladung

Das Fahrzeug war doppelreihig mit Ladeeinheiten nebeneinander von vorne bis nach hinten beladen. Ab der ersten Runge wurde die Beladung zweistöckig durchgeführt. Aus Gründen der Lastverteilung wurde in der zweiten Lage ein entsprechender Raum zwischen Stirnwand und erster Ladungspartie gelassen.

Die Ladungssicherung

Die Ladungssicherung, so scheint es, sollte sich in diesem Fall wohl nahezu von selbst ergeben. Die einzigen Ladungssicherungsmaßnahmen waren zwei sogenannte Klemmbretter. Klemmbretter sind Aluminiumbretter, die meist teleskopierbar sind und mittels Handgriff an die Einsteckbretter des Aufbaus angeklemmt werden können. Die sichernde Wirkung eines derartigen Einsteckbrettes wird sich in Längsrichtung zwischen ein- und zweihundert daN im Extremfall geringfügig mehr belaufen. Diesem Klemmbrett hat man immerhin in der zweiten Lage die Ladungssicherung von mindestens 14 oder mehr Ladeeinheiten bestehend aus Konservendosen zugemutet. Der Vergleich zwischen David und Goliath hinkt hier nicht.

Die Wirkung der Physik

Besieht man sich die Einstecklatte und die unglaubliche Masse der Ladung, so kann man dem Fahrer nur Glauben schenken, wenn er beteuert, dass er keine Notbremsung gemacht hatte. Denn bei dieser Konstellation hätte das Ergebnis einer Notbremsung sicher anders ausgesehen. Erwartungsgemäß ist das Klemmbrett geknickt worden (s. Abbildung 2) und hat das Einsteckbrett auf der linken Fahrzeugseite (s. Abbildung 1) aus der dafür vorgesehenen Tasche in der Runge gezogen.
Die "Ladungssicherungsmaßnahme" hat alles gegeben.

In der folgenden Abbildung 3 ist sehr schön zu sehen, dass auf diesem Fahrzeug der Ladungssicherung nach hinten die doppelte Aufmerksamkeit wie nach vorne geschenkt wurde. Aus unerklärlichen Gründen wurden immerhin zwei Klemmbretter zur "Ladungssicherung" verwandt. Das obere Klemmbrett haben wir mit einem roten Pfeil versehen. Hier ist sehr schön zu erkennen, wie weit die Ladung auch bei dieser Bremsung nach vorne verrutscht ist:

Die Abbildung 4 zeigt, wie sich die Ladung bei der Bremsung verhalten hat. Die Ladung hat sich verformt, zusammengedrückt und ohne weiteres die Ladeeinheit verlassen, und ein wenig erinnert das Aufbäumen der Konservendosen an flüssige Ladung:

Beurteilung der Ladungssicherung

Beurteilt man die Ladungssicherung für die erste Lage Ladeeinheiten und unterstellt man hier schon formschlüssige Ladung nach vorn und zu den Seiten und vermutet man den Einsatz eines weiteren Klemmbrettes für die Ladungssicherung nach hinten, ist auch diese schon ungenügend. Dieser Eindruck vertieft sich durch die Beurteilung des Formschlusses zu den Seiten, denn dieser ist nicht vorhanden. Dies ist in der Abbildung 3 recht gut zu sehen.

Beurteilt man die Ladungssicherung in der zweiten Lage, ist dies auch schnell geschehen, denn dort wurden nur drei Klemmbretter verwandt und ansonsten wurde der Versuch unternommen, die Verladung vor der Physik durch eine Plane zu "verbergen". In der Abbildung 1 ist sehr deutlich zu sehen, dass die Ladeeinheiten in der zweiten Lage nach vorne gerutscht sind. Hierbei sind nicht nur die oberen Ladeeinheiten auf den unteren Ladeeinheiten nach vorne gerutscht, sondern es haben sich die unteren Ladeeinheiten zusätzlich noch kräftig verformt. Bei einer Vollbremsung, gepaart mit einem Ausweichmanöver, hätte sich die Ladung nach vorne in den freien Raum als Schüttladung ergossen. Die Ladeeinheiten wären nach vorne und seitlich verrutscht, hätten entweder das Fahrzeug zum Umkippen gebracht oder die Plane, die in diesem Bereich nur 6 % homogener Belastung auf der gesamten Fläche der Gesamtzuladung sichern kann, durchbrochen.

Bewertung

Dieser Transport und seine Sicherung ist eine Zumutung für alle Verkehrsteilnehmer.

Davon abgesehen, dass die ladungssicherungstechnischen Erfordernisse bei diesem Transport vollkommen falsch eingeschätzt wurden, liegt das Grundübel dieses Transportes in den Ladeeinheiten selbst. Die Ladeeinheiten bestehen aus jeweils zwölf Konservendosen, die in Trays gestellt und dann gestapelt wurden. Bei der Ladeeinheitenbildung wurden diese Trays zwar im Verbund gestaut, dies hat aber nicht zur Bildung einer stabilen Ladeeinheit geführt.

Sollen derartige Ladeeinheiten gestapelt werden, müssen sie ausreichend stabil sein. Dies kann dadurch erreicht werden, dass die Dosen in stabile Trays oder gleich in Faltschachteln geladen werden. Wenn stabile Trays verwendet werden, muss nach jeder Lage Dosen eine stabile Lage Kartonage als Zwischenlage verwendet und darüber ebenfalls im Verbund (d. h. versetzt) die nächste Lage aufgebaut werden. Ist die Palette vollgeladen, muss sie horizontal und vertikal durch die Verwendung von stabilen Kantenschonern und Bändern zu einer Ladeeinheit zusammengefasst werden. Erst dann, wenn derartige belastungsfähige Ladeeinheiten produziert worden sind, können diese übereinander gestapelt werden.

Gestapelte stabile Ladeeinheiten können wiederum durch die Verwendung von reibungserhöhenden Materialien und Niederzurrungen gesichert werden. Niederzurrungen können die Ladeeinheiten, durch den Druck der Gurte, an den Kanten beschädigen. Die Ladeeinheiten müssen durch die Verwendung von möglichst langen bzw. breiten Kantenschonern zur Verteilung des Drucks geschützt werden.

Sollte bei der Ladungssicherung nach vorne noch Sicherungsbedarf bestehen, kann hier die Ladung durch eine Sperrholzplatte oder durch Paletten, durch die mindestens zwei Vierkantbalken gesteckt wurden geschützt werden. Umspannungen bzw. Direktzurrungen können jetzt zum Einsatz kommen, ohne dass die Ladung darunter "leiden" würde.

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