Foto des Monats - März 2025

Bis das sich die Balken biegen!

Die Beamten in Österreich staunten nicht schlecht, als sie ein Fahrzeug zur Kontrolle anhielten. Eigentlich war es nur eine Routinekontrolle, da die Plane an einer Stelle sichtbar ausgebeult war.

Doch beim Öffnen des Fahrzeugs wurden die Augen groß: Es war mit Doppel-T-Trägern beladen, die ein Gesamtgewicht von 22,06 Tonnen hatten. Rutschhemmende Matten? Fehlanzeige. Ein Formschluss? Vergeblich gesucht. Und der vorhandene Versuch der Ladungssicherung war bestenfalls unzureichend.

Aber wie konnte sich die Plane ausbeulen, obwohl die Träger mittig im Fahrzeug lagen? Ganz einfach: Zwischen den beiden Lagen wurden Hölzer platziert, die breiter als das Fahrzeug waren – und genau diese drückten gegen und in die Plane.

Zusätzlich war bereits der ein oder andere Balken auf dem Boden durch das Gewicht der Träger nach oben verzogen. Ein weiteres Problem: Der Stahl schnitt sich bereits in die Balken ein.

Aber schauen wir uns das ganze einfach mal an.

Erstmal die Fakten:

  • Gesamtgewicht der Ladung: 22.060 kg

  • Reibbeiwert (µ) = 0,2, da ungebündelte Stahlträger ohne reibwerterhöhende Materialien aufeinanderlagen (Stahl auf Stahl, wenn wir die europaweit geltende EN 12195-1 nehmen.)

  • Formschluss: Nicht vorhanden – in keiner Richtung

  • Bündelung der Doppel-T-Träger: Ein Teil der Träger waren gebündelt. Einige Bündel haben sich bereits gelöst, da die Stahlbänder gerissen sind. Damit ist nicht von einer Ladeeinheit auszugehen.

  • Zurrpunkte: Jeweils mit einer Kraft von 4.000 daN

  • Winkel α der Sicherung: ca. 60° pro Zurrung

  • Fahrzeugtyp: Da kein Formschluss vorhanden war, spielt die Fahrzeugart keine entscheidende Rolle

  • Verwendete Sicherungsmittel:

    • 2 Ketten (je 2.700 daN STF)

    • 8 Gurte (je 550 daN STF)

Berechnung der erforderlichen Vorspannkraft

Auf Basis der vorliegenden Daten wurde berechnet, welche Vorspannkraft tatsächlich erforderlich ist. Da der Winkel sowie die Sicherheitsfaktoren in den Formeln einen erheblichen Einfluss auf die benötigte Anzahl der Sicherungsmittel haben, kann nicht einfach davon ausgegangen werden, dass „nur“ 20 Tonnen gesichert werden müssen.

Wird die Norm EN 12195-1:2011 zugrunde gelegt, ergibt sich eine erforderliche Vorspannkraft von 46.640 daN für das Niederzurren.

Selbst wenn alle vorhandenen Sicherungsmittel ordnungsgemäß gespannt wären – was sie jedoch nicht waren – käme man lediglich auf 9.800 daN Vorspannkraft, was weit unter dem erforderlichen Wert liegt.

Zusätzlich stellte der kontrollierende Beamte fest, dass keiner der Gurte die nominellen 550 daN erreichte, als er mit dem Messgerät überprüft wurde. Zudem waren die Ketten auffällig locker. Beim Niederzurren ist jedoch eine vollständige Sicherungskraft zwingend erforderlich.

Was allerdings positiv zu vermerken ist, dass die vorhanden Zurrgurte zwar nicht ausreichend aber offensichtlich alle in Ordnung waren.

Hier ist deutlich zu erkennen, dass die Zurrketten nicht ausreichend gespannt waren.

 

Autoren und Leser sind sich sicherlich einig, dass die Ladungssicherung in diesem Fall nicht gewährleistet wurde – bestenfalls ein Fall für ein Bußgeld.

Doch wie hätte man das ganze besser hinbekommen?

Neben der Ladungssicherung spielt auch die Lastverteilung eine entscheidende Rolle. Gehen wir also davon aus, dass die Träger an der richtigen Stelle abgestellt wurden.

 

Bei solchen Gewichten sind reibwerterhöhende Materialien, wie rutschhemmende Matten, eigentlich obligatorisch – vorausgesetzt, sie sind stabil genug, damit die Träger nicht einschneiden. Solche Materialien existieren tatsächlich und bieten einen Reibbeiwert von µ = 0,6. Entscheidend ist, dass sie in allen Lagen und Ebenen verwendet werden, insbesondere dort, wo die Träger nicht gebündelt sind.

 

Durch den Einsatz dieser Matten reduziert sich die wirkende Kraft in Fahrtrichtung auf „nur“ noch 4.412 daN. Einfach gerechnet: Von der maximal möglichen Kraft von FG × 0,8 in Fahrtrichtung wird die Reibung von µ = 0,6 abgezogen, sodass 0,2 FG verbleiben – also 4.412 daN. Natürlich wenn man das Gewicht eins zu eins von kg in daN wandelt. Sonst wären es richtigerweise 4.329 daN.

Die größte verbleibende Kraft in Fahrtrichtung kann relativ einfach durch ein Kopflashing abgefangen werden. Da die Träger bündig stehen, wird eine Palette davor platziert und mit einer Kopfschlinge gesichert. 

Rechnerisch reicht bei der hier vorhandenen Zurrpunktfestigkeit bereits ein Gurt aus, da die LC von 2.500 daN bei einer Kopfschlinge doppelt angerechnet werden darf. Somit werden die verbleibenden 4.412 daN in Fahrtrichtung problemlos aufgefangen.

Ein zusätzlicher Gurt wäre zwar nicht erforderlich – aber selbstverständlich nicht verboten.

Es ist wichtig, dabei zu beachten, dass auch die Zurrpunkte in der Lage sind, die möglicherweise auftretenden Kräfte aufzunehmen.

 

Rein rechnerisch wären wir mit den rutschhemmenden Matten bereits gegen seitliche und rückwärtige Bewegungen (0,5 FG – 0,6 µ) abgesichert. Doch wir wissen alle, dass das in der Praxis nicht ausreicht. Jede Ladung bewegt sich – sei es durch die Vibrationen des Fahrzeugs oder durch Unebenheiten der Fahrbahn.

Nach hinten würde eine identische Kopfschlinge wie die in Fahrtrichtung für ausreichende Sicherung sorgen.

 

Bleiben noch die Seiten. Natürlich wäre Niederzurren oder Niederhalten eine Option. Damit würde das letzte Wandern der Ladung aufgefangen. 
Doch als Freund des Formschlusses ist das Schlingenzurren die einfachere Methode.

 

Mit zwei Zurrgurten – selbstverständlich mit Kantenschonern – wird jeweils eine Schlinge um die gesamte Ladung gelegt:

  • Der Gurt wird von der linken Seite um die Pakete herumgeführt und wieder in einen Zurrpunkt auf der linken Seite eingehängt. Das ganze einmal möglichst auf der vorderen und einmal auf der hinteren Hälfte der Träger.

  • Das Gleiche wird auf der rechten Seite wiederholt.

Dadurch werden die Stahlträger zusätzlich gebündelt und können nicht mehr seitlich verrutschen.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass nur RHM aus Gummi diesen Reibwert bietet. Der Sicherheitsbeiwert fµ bei Direktzurrungen beträgt dann 1,0, also 0,6x1,0=0,6. 

Bei anderen Materialien als Gummi gilt fµ = 0,75, also 0,6 x 0,75 = 0,45. Damit würde unser Vorschlag nicht funktionieren, es würden noch immer 
ca. 2 000 daN Sicherungskraft fehlen!

Fazit:

In diesem ursprünglichen Fall wurde die Ladung mit zwei Ketten und acht Zurrgurten allenfalls ansatzweise gesichert. Dabei hätte sich mit nur fünf bis sieben Gurten, und ohne Ketten, eine nahezu perfekte Sicherung erzielen lassen.

Weniger Hilfsmittel – aber eine deutlich effektivere Ladungssicherung. Der Schlüssel liegt darin, es sicher und vernünftig zu machen.

Der Formschluss ist und bleibt die beste Methode zur Ladungssicherung. Selbst herausfordernde Ladungen lassen sich zuverlässig sichern – wenn man sich im Vorfeld einfach die richtigen Gedanken macht.

Einen erfreulichen Frühling wünschen Ihre Ladungssicherungskolumnisten.

© KLSK e.V.