Foto des Monats - Februar 2025

„An der letzten Ampel hats beim Anfahren gerumpelt“

Was ist da bloß passiert?

Von der Ladung, bestehend aus 6 Paketen Stahlblechen á ca. 2500kg sind fünf Pakete nach rechts durch die Plane gerutscht und haben einen parkende PKW und die Fahrbahn inklusive des Bordsteins beschädigt.

Nach Angaben des Fahrzeugführers hatte dieser bereits beim Anfahrvorgang an der ca. 100 m zurückliegenden Ampel ein „Rumpeln“ auf der Ladefläche wahrgenommen! 

Hinter der Kreuzung hatte er auf ca. 30km/h beschleunigt. Vor ihm fuhr ein PKW, der unerwartet nach rechts auf einen Parkplatz abbiegen wollte und deswegen abbremste. 

Der LKW-Fahrer musste nun doch etwas kräftiger abbremsen, wodurch dann die Ladung vollends ins Rutschen geraten ist.

Die Bremsung war keine „Vollbremsung“ und es gab auch keinen Kontakt zum abbiegenden PKW. Die Auswertung des Fahrtenschreibers sollte später zeigen, dass die mittlere Verzögerung ca. 4 m/s² betrug. Somit unterhalb der Brems-Verzögerung, die bei einer Vollbremsung zu erwarten ist.

Fazit: Ein ganz normaler Verkehrsvorgang, wie ihn viele jeden Tag erleben!

Warum hatte dies solche Folgen?

 

 

Schauen wir uns die Ladungssicherung mal genauer an:

Die Stahlbleche 1500 x 3000mm waren sorgfältig zu Ladeeinheiten verpackt. Je Ladeeinheit war ein Gewicht von 2,53t angegeben.

Die Verpackung bestand aus einer entsprechenden Einweg-Palette, die Stahlbleche waren mit abgekanteten Blechen zu einem Paket zusammengefasst und dann mit Stahlbändern an der Einwegpalette fixiert.

Jedes einzelne Paket war so in sich formstabil und für den Umschlag und den Transport geeignet und die geforderte Verpackungseinheit gemäß § 411 HGB war augenscheinlich erfüllt.

Fünf Pakete liegen neben dem LKW! Wo ist das Sechste!?

Dieses liegt noch auf der Ladefläche. 

Und jetzt wird klar, wie geladen worden war:

Alle sechs Ladeeinheiten waren gestapelt und in Fahrtrichtung auf den ersten Blick vorbildlich formschlüssig gegen Einsteckrungen geladen. 

Zwischen den Ladeeinheiten im Stapel waren keine RHM eingesetzt.

Herumliegende und gerissene Spanngurte zeugen von einer Niederzurrung. 
Eingesetzt waren Zurrgurte mit Langhebelratschen (STF 500 daN Vorspannkraft).

Aufgrund der herumliegenden Gurtreste und den nutzbaren Zurrpunkten gehen wir von maximal vier Niederzurrungen aus.

Die untere Ladeeinheit war durch die abrutschenden oberen Ladeeinheiten zerstört worden, aber noch an Ihrem Platz. 

Hier haben die RHM (Rutsch-Hemmendes-Material = Antirutschmatten) ein Abrutschen verhindert.

In den Zwischenlagen der Ladeeinheit haben wir aufgrund der Materialpaarung Schnittholz / Stahlblech einen ungünstigeren Reibwert. Gemäß DIN EN 12195 sollte hier maximal µ 0,3 angesetzt werden.

Sicherung in seitlicher sowie rückwärtiger Richtung:

Im hinteren Bereich standen überzählige Einsteckrungen ohne Wirkung auf der Ladefläche. Eine davon wurde bei dem Ereignis zerstört.

 

Die untere Palette unterlegt mit RHM kann man hier außen vorlassen, da diese bereits über den Reibwert von µ 0,6 der RHM als entsprechend abgesichert ansehen kann. 

Was bleibt, sind fünf Paletten á ca. 2,5t also 12,5t Ladungsgewicht welches seitlich und rückwärtig zu sichern wäre. Bei einem Reibwert von µ 0,3 blieben hier entsprechend 20% des Ladungsgewichtes (2500 daN), die als Sicherungskräfte, aufgebracht werden müssen.

Mit vier Niederzurrungen mittels Langhebelratschen (STF 500 daN) lassen sich unter optimalen Bedingungen, wie einem Zurrwinkel von nahe 90 Grad und einer optimalen Kantenführung der Zurrgurte maximal 1200 daN Sicherungsleistung aufbringen. 

[Faustformel ohne Winkelkomponente für Überschlagsrechnung (STF x 2 x Reibung) 500 daN x 2 x µ 0,3 = 300 daN x 4 Gurte = 1200 daN]

 

Um die Sicherungskräfte mittels Niederzurrung zu erreichen, hätten hier also bei einem Zurrwinkel von maximal 75 Grad, unter Beachtung des Sicherheitsbeiwertes 9 entsprechende Zurrgurte eingesetzt werden müssen. Dazu fehlten aber auf dem LKW die entsprechende Anzahl von Zurrpunkten.

Nur der Einsatz von RHM hätte hier Abhilfe schaffen können. Ein Reibwert von µ 0,6 sorgt dafür, dass sowohl in seitlicher wie in rückwärtiger Richtung keine zusätzlichen Sicherungskräfte mehr aufgebracht werden müssten. Hier wären lediglich Zurrgurte als Überspannungen für die Vertikalkräfte erforderlich gewesen. 

Sicherung in Fahrtrichtung:

In Fahrtrichtung waren hier Einsteckrungen 80 x 80 x 5 mm eingesetzt, die zwar über eine Abstützung verfügen, diese aber aufgrund der geringen Einstecktaschentiefe nicht nutzen konnten. 

Die Belastung der Einsteckrungen war verteilt von ca. Ladebodenhöhe bis über 1m über dem Ladeboden.

Bei einer Belastung von über einem Meter ist die Blockierkraft deutlich reduziert und liegt je nach Hersteller deutlich unter 1000 daN.

Um die Ladungsteile in Fahrtrichtung ordnungsgemäß zu sichern wäre hier eine Sicherungskraft 
von 80 % des Ladungsgewichtes (12000 daN) erforderlich gewesen. Nach Abzug der Niederzurrleistung und der vorhandenen Reibungskräfte hätten die Einsteckrungen noch ca. 5 000 daN Blockierkraft aufbringen müssen. Dies ist ohne Abstützung nicht möglich!

Fazit:

Eine ordnungsgemäße Sicherung wäre hier mit der konsequenten Verwendung von RHM auch in den Zwischenlagen der Ladeeinheiten ohne weiteres machbar gewesen. Unter Einsatz von RHM hätten in Fahrtrichtung noch ca. 20 % des Ladungsgewichtes abgesichert werden müssen, was durch die Kombination aus Formschluss und Niederzurrung zu erreichen gewesen wäre.

So war im Fahrbetrieb bereits „Leben“ in die Ladung aus gestapelten Ladeeinheiten gekommen. Wie der Fahrer andeutete, hatte es ja schon im Vorfeld bereits Bewegung auf der Ladefläche gegeben, die sich durch ein „Rumpeln“ bemerkbar gemacht hat. Vermutlich ist hier schon der Formschluss zu den in Fahrtrichtung eingesetzten Einsteckrungen aufgelöst worden, was dann beim Bremsmanöver dazu führte, dass die Ladeeinheiten mit Anlauf die Niederzurrungen sowie die Seitenplane und eine noch im Weg stehende Einsteckrunge zerstörten und die Ladefläche verlassen haben. 

Das Ganze hatte dann einen größeren Sachschaden zur Folge.

Die Bergung dauerte ca. 5 Stunden, in denen eine Hauptverkehrsstraße im Berufsverkehr nicht befahrbar war. 

Was lernen wir daraus?

Der maßgebliche Reibwert bei mehreren Ladeinheiten muss in jeder Reib-Fuge erreicht werden, sonst kann es trotz guten Willens schiefgehen!

Einen sicheren Winter wünschen Ihre Ladungssicherungskolumnisten.

© KLSK e.V.