Foto des Monats – Mai 2024

Fast alles richtig gemacht!

Ein Auflieger mit 29,5t gebündelter Stahlladung, der Volksmund würde sagen Baustahl, ein Fachbegriff ist uns auch nicht geläufig. Das Fahrzeug bzw. der Auflieger ist sehr interessant. Er ist ähnlich einem Container gebaut, nach oben offen, mit einer Plane abdeckbar und offensichtlich für den kombinierten Verkehr geeignet. Das er für den kombinierten Verkehr geeignet ist, schließen wir aus den Greifkanten, siehe gelbe Markierung direkt über der mittleren Achse des hinteren Achsaggregates. Das entsprechende längliche Zulassungsschild haben wir nicht auf den Bildern gefunden, es war ja auch nicht Gegenstand dieser Kontrolle. Die Tatsache, dass der Auflieger für den kombinierten Verkehr zugelassen ist, sagt uns das seine Belastbarkeit wahrscheinlich mit der eines Code XL-Aufliegers vergleichbar ist. Wir gehen für unsere Kalkulation von einer Stirnwandbelastung von 13.500 daN aus (was im Einzelfall natürlich nachgeprüft werden muss). Das aufgeklappte Schild mit dem „A“ weist, eigentlich darauf hin, dass Abfall transportiert wird, muss aber nicht unbedingt eingeklappt werden, wenn normale Ladung transportiert wird.

Die Ladung ragt über das Fahrzeug hinaus, dazu wurden die Türen im geöffneten Zustand mittels Gurten gesichert und damit das Fahrzeug an sich verlängert, wozu eigentlich eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist, aber auch das ist heute nicht unser Thema. Unser Interesse gilt wie immer der Ladungssicherung.

Die Gesamtmasse des Fahrzeugs mit Ladung betrug knapp 44t, das ist zwar grundsätzlich im Vor- und Nachlauf für den kombinierten Verkehr möglich, ist aber an Bedingungen geknüpft. Zum einen sollte eine Beförderung im kombinierten Verkehr, zumindest theoretisch möglich sein und hier erscheint es uns als schwierig, Auflieger mit überlanger Ladung im Kombiverkehr transportieren zu können (auf See im Fährverkehr geht das sicherlich). Damit diese Fahrzeugkombination mit insgesamt 44 Tonnen fahren darf, müssen die Achsabstände größer sein oder die Masse auf sechs Achsen verteilt werden, ansonst darf diese Kombination nur 42t wiegen.

Die Ladung liegt auf Unter- und Zwischenlegern aus Holz, dem wir ein µ-Wert von 0,3 zubilligen. Die Sicherung besteht aus drei Niederzurrungen mit einer Vorspannung von à 750 daN. Die Winkel lassen wir für unsere überschlägige Betrachtung unberücksichtigt. 2.250 daN x 0,3 ergibt eine Sicherungskraft von 675 daN.

Vogelperspektive auf die Ladung vor der Stirnwand.

Die Ladung liegt formschlüssig bzw. nahezu Formschlüssig an der Stirnwand an. Da die Ladung hinten übersteht, hat man wohl auf eine Lastverteilung an der Stirnwand verzichtet, die aus unserer Sicht aber unverzichtbar ist, denn die 13.500 daN Sicherungskraft kann die Stirnwand nur bei einer vollflächigen Belastung leisten. Hier sind mindestens vier Vierkantbalken nötig, um die Last auf der gesamten Fahrzeugbreite auf die Stirnwand zu verteilen. Für unsere Rechnung setzen wir richtigen Formschluss voraus. Die Ladungsmasse beträgt 29,5t, wir gehen von einer Reibung von µ = 0,3 aus somit ist eine Sicherungskraft von 14.750 daN nötig. Die Stirnwand leistet 13.500 daN und die Niederzurrungen 675 daN, fehlen noch 575 daN an Sicherungskraft.

Betrachten wir die Ladungssicherung nach hinten fallen zwei Dinge auf:

1.) Wurde die Ladung hinten hochgesetzt, sodass sie einen gewissen statischen Druck nach vorne aufbaut und…

2.) Wurde der Ladung ein „Ladungssicherungssack“ übergestülpt, was sehr vorbildlich ist. Diese Säcke verleihen solcher Ladung einen gewissen Formschluss nach hinten, aber nur dann, wenn die Ladungssicherungspunkte, die an diesem Sack vorhanden sind anhand einer Direktzurrungen mit Zurrpunkten am Fahrzeug verbunden werden. Aber hier leider nicht.

Die Ladung wurde mit einem Gurt fein säuberlich gebündelt, aber die Ladungssicherungspunkte blieben alle ungenutzt. Das Hochsetzen der Ladung ist im Belastungsfall nutzlos, da der freistehende Balkenstapel umkippen wird und der tolle Ladungssicherungssack ist auch keine Hilfe, denn hier fehlen die erforderlichen drei Direktsicherungen. Wir würden vier Direktsicherungen anbringen, damit der Ladungssicherungssack gleichmäßig gehalten wird.

Die Ladungssicherungspunkte in diesem Container waren mit Bedacht gewählt und so geformt, dass Schüttgut sich darin möglichst nicht verfängt. Leider passten die Haken der Ladungssicherungsmittel nicht zu den Ladungssicherungspunkten, denn die Haken wurden allesamt (wie auf diesem Bild zu sehen) auf Aufbiegung belastet. Hier wären größere Haken erforderlich, damit sie im Hakengrund belastet werden können. Schäkel oder Adapterstücke können hier selbstverständlich auch Abhilfe schaffen. Die Direktsicherung zum „Ladungssicherungssack“, die hätte aber funktioniert; die Haken wären im Hakengrund belastet gewesen.

Die Ladungssicherung:

Die seitliche Ladungssicherung ist quasi nicht existent. Diese würden wir mit Umspannungen herstellen. So wie die Ladung gestaut ist, müssen die unteren zwei Lagen und die oberen zwei Lagen jeweils mit 4 Umspannungen gesichert werden. Hierzu verwenden wir Gurte oder Ketten, die wir vor Beladungsbeginn auf der Ladefläche auslegen, um sie nach der Beladung über die Ladung zurück auf ihre Befestigungsseite zu führen um sie dort zu befestigen. Werden Gurte eingesetzt ist es sinnvoll diese komplett durch Schutzschläuche zu schützen, Ketten sind vielleicht nicht so einfach zu händeln, aber sie sind auch nicht so empfindlich und bedürfen keines separaten Schutzes. Da jede Umspannung auch eine Part hat, die wie eine Niederzurrung wirkt, haben wir jetzt acht „Niederzurrungen“. Wurde der Baustahl schön formschlüssig gegeneinander geladen, lässt sich gut Vorspannung aufbauen und die Ladung mit den Direktsicherungen gut seitlich halten. Die Niederzurrungsparten der Umspannungen erhöhen die Reibung derart, dass die fehlenden Sicherungskräfte nach vorne spielend aufgebracht werden.

Die Ladungssicherung nach hinten haben wir schon besprochen.

Vermerk:

Zu diesem Foto des Monats erreichte uns eine Zuschrift, die darauf hinweist, dass mit geöffneten Türen so nicht gefahren werden darf.
Mit einem Satz haben im Text auch darauf hingewiesen, dass eine Ausnahmegenehmigung erforderlich ist, für die Verlängerung des Fahrzeuges durch die aufgeklappten Türen.
Grundsätzlich beschäftigen wir uns bei den Fotos des Monats vorrangig mit Ladungssicherung.

Hier gehen wir aber auf den Wunsch des Betrachters ein:
Bei nach hinten herausstehender Ladung sind einige Dinge zu beachten. 

- Eine Ladung darf 1,00m nach hinten herausragen, ohne kenntlich gemacht werden zu müssen. 
- Ein Ladungsüberhang ist nach hinten bis zu 1,50m nach § 22 (4) StVO erlaubt 
- bei einer Streckenlänge bis zu 100 Kilometer darf die Ladung sogar 3 m herausragen.

Bei dem hier besprochenen Sattelkraftfahrzeug wäre somit eine Gesamtlänge von 19,50m zulässig.
Die Gesamtlänge eines Fahrzeuges inklusive Ladung darf nach § 22 StVO 20,75m nicht überschreiten.

Eines ist aber hier noch zu beachten: Das Sattelkraftfahrzeug darf nach § 32 (4) Satz 2 StVZO maximal 16,50m lang sein, wenn bestimmte Teilmaße eingehalten werden.
Dabei ist das Sattelkraftfahrzeug inklusive austauschbarer Ladungsträger gemeint. Der Container ist ein austauschbarer Ladungsträger. Er dürfte zusammen mit der Sattelzugmaschine und dem ihn tragenden Sattelanhänger 16,50 m lang sein. Dadurch das die Türen nach hinten geöffnet sind, wird dieses Maß überschritten.
Um rechtmäßig fahren zu dürfen müsste nun zunächst nach § 70 StVZO eine Ausnahmegenehmigung der höheren Landesbehörde (z.B. Bezirksregierung) eingeholt werden. Diese wird jedoch nur erteilt, wenn unteilbare Ladung transportiert wird. Weiterhin muss mit dieser Genehmigung bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde eine Erlaubnis beantragt werden. Auch diese wird nur erteilt, wenn unteilbare Ladung transportiert wird.
Da hier mit den Stahlstangen unteilbare Ladung transportiert wurde, wäre diese Ausnahmegenehmigung und eine Erlaubniserteilung möglich gewesen.  
Diese Erfordernisse hatte der Transporteur nicht erfüllt.

Wahrscheinlich hätte die höhere Landesbehörde aber keine Ausnahmegenehmigung erteilt, weil die Fahrzeuge nicht zum Betrieb mit offenen Hecktüren geprüft und amtlich genehmigt (Bau- und Betriebsvorschriften) wurden. Die Aufbaustabilität nach DIN EN 12642 ist regelmäßig nicht mehr sichergestellt.
Eine Beschreibung dazu gibt es vom Bundesverband Güterverkehr und Logistik (BGL e.V.), der dieses Thema genau beschreibt und bewertet.

Ansehen, oder Download des Merkblattes hier: www.bgl-ev.de/wp-content/uploads/2022/12/verhaltensempfehlungen_hinten.pdf

Sodann wünschen wir allzeit eine ladungssichere Fahrt!

Ihre Ladungssicherungskolumnisten.

© KLSK e.V.