Dezember 2010

"Murphy´s Law"

Am 22. November 2010 wurden innerhalb von vier Stunden zwei identisch verladene und "gesicherte" Ladungen verloren.
Das Ganze trug sich in unserem Nachbarland Belgien zu, könnte aber sicher täglich auch in Deutschland oder in einem anderen mitteleuropäischen Land passieren. Die Physik kennt keine Grenzen. Wie durch ein Wunder ist keine Person und kein weiterer Verkehrsteilnehmer zu Schaden gekommen.

Auf der ersten Abbildung ist, wenn auch verschwommen, der Unfallhergang respektive die Folgen desselben gut zu sehen. Betonplatten von erheblichen Ausmaßen liegen auf den beiden rechten Fahrstreifen einer insgesamt dreispurigen Autobahn. Die Bruchstücke und der Rutschweg der Betonplatten lassen die Dynamik erahnen. Die Bilder sprechen für sich. Jeder, der häufig ohne viel zu überlegen locker daherplaudert, dass sich Ladung aufgrund ihrer hohen Masse sichert und sich ja wohl nicht bewegen könne, wird mit diesen Bildern Lügen gestraft. Ein exzellentes Beweisfoto, das schwer nicht sichert, sondern schwer schwere Schäden verursachen kann.

Auf der Abbildung 2 ist zu sehen, wie die Betonplatten ursprünglich verladen waren. Nun verlädt man plattenartige Ladungen häufig in A-bockartigen Gestellen. Zu beobachten ist dies sehr häufig bei Glas, manchmal auch bei Stahlplatten, nicht zuletzt aber auch bei Betonplatten-Transporten. Häufig sind diese A-Böcke fest miteinander verbunden und auch in schienenartigen Führungen mit dem Fahrzeug verbunden. Durch die schrägen Auflagen an der Basis der A-Böcke liegen die Platten zur Fahrzeugmitte geneigt und erleichtern durch ihr Anliegen an dem mit dem Fahrzeug fest verbundenen A-Bock deutlich die formflüssige Sicherung.

Auf der Abbildung 2 ist nun zu erkennen, dass auch diese Betonplatten schräg gestellt wurden. Sie werden aber nicht in einem A-Bock sondern in einem L-förmigen Ladegestell transportiert. Bei A-Böcken verteilt sich die Ladung auf zwei Seiten und die erhöhte "Kippgefahr" durch die schräggestellten Platten gleicht sich mehr oder weniger aus. Dazu ist zu bemerken, dass A-Böcke in der Regel Fahrzeugbreite Basisgestelle haben, die dem ganzen Konstrukt eine bessere Standfestigkeit geben.

Spätestens bei der Abbildung 3 bleibt dem gemeinen Ladungssicherungsinteressierten die Spucke weg. Die L-förmigen Ladegestelle waren weder miteinander noch mit dem Fahrzeug in irgendeiner Art und Weise verbunden. Das zugegebenermaßen verwackelte Bild 2 zeigt, dass insgesamt drei Niederzurrungen die Ladung "halten" sollen. Durch die Linksneigung, die die Betonplatten durch die angeschrägten L-Ladegestelle bekommen, wird die Kippgefahr der Ladung zur linken Fahrzeugseite hin deutlich unterstützt. So ist es auch nicht verwunderlich, dass die Ladung linksseitig verloren wurde.

Um es nochmals zusammenzufassen:

Die Ladegestelle waren nicht miteinander verbunden.
Unter den Ladegestellen wurden keinerlei Antirutschmatten verwandt.
Die Niederzurrungen waren mit Kurzhebelratschen (STF 320 daN) "gesichert".
Eine Ladeeinheiten-Bündelung ist unterblieben.
Direktzurrungen sind ebenfalls unterblieben.

Beurteilung:
Hier haben Menschen die Ladung in den Verkehr gebracht, die sich über die Folgen der während des Transportes wirkende Physik keinerlei Gedanken gemacht haben. Derartige Gedankenlosigkeit kann für andere Verkehrsteilnehmer eine sehr ernste Gefahr darstellen, wie die Bilder beweisen.

Sicherung:
Wie ist eine derartige Ladung richtig zu sichern bzw. zu transportieren?

Steht kein Spezialfahrzeug (Innentieflader) für derartige Plattentransporte zur Verfügung, können folgende Empfehlungen die Verladung und Sicherung der Ladung deutlich erleichtern:

Für derartige Transporte sollten ausschließlich A-Bock-Gestelle verwandt werden. Die Verwendung von L-förmigen Ladegestellen, die weder miteinander verbunden sind noch mit dem Fahrzeug, und dann noch durch eine viel zu kurze Basis die Kippgefahr künstlich erhöhen, sollten keinesfalls Verwendung finden.
Können die A-Bock-Gestelle nicht fest mit dem Fahrzeug verbunden werden, sollte die Basis der Gestelle möglichst großzügig oder vollflächig mit Schwerlastantirutschmatten unterlegt werden.
Auch die Ladeflächen der A-Bock-Gestelle sollten mit Schwerlast-RH-Matten ausgelegt sein.
Verfügen die A-Bock-Gestelle über eine wie auch immer geartete massive Stirnwand, sollten die Betonplatten (je nach Lastverteilungsmöglichkeit) formschlüssig an diese geladen werden.
Müssen die Platten auf den A-Böcken "frei" positioniert werden, dann müssen die Platten und das A-Bockgestell jeweils gesichert werden. Das kann so passieren, dass beide Ladungen direkt mit dem Fahrzeug verbunden werden (Direktsicherungen) oder die Platten auf dem (stabilen) A-Bock und dann der A-Bock auf dem LKW.
Verfügt der A-Bock aufgrund seiner Geometrie bzw. aufgrund der Geometrie der Ladung nicht über geeignete Ladungssicherungspunkte, kann derartige Ladung gut durch Umspannungen am Verrutschen nach vorne und am Kippen zu den Seiten gehindert werden.
Sind die zu transportierenden Platten ungleich größer als der A-Bock, kann dieser auch "indirekt" über die Ladung gesichert werden.
Seitliche Umspannungen wirken auch gleichzeitig als Mindestsicherung, die sicherstellen, dass die gute Reibung der RH-Schwerlast-Matten zu jeder Zeit auch wirkt.

Die Tatsache, dass innerhalb von vier Stunden zwei gleichgeartete Unfälle passieren, zeigt die Brisanz dieser falsch gewählten Verladeart. Ein Verlader, der Fahrzeuge derartig belädt und auf die Reise schickt, muss dringend eine mehrtägige Verlade- und Ladungssicherungsschulung absolvieren damit er nicht mehr derartiges Gefahrenpotenzial in den Verkehr bringt.

© KLSK e.V.